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Blog

Besonderheiten aus München und Oberbayern

Seit 31 Jahren lebe ich nun schon in und um München und Oberbayern...



Vorwort zu meinem Blog-Bereich „Brauchtum, Feste, Märkte und Besonderheiten in München und Bayern“

Seit 31 Jahren lebe ich nun schon in und um München und Oberbayern – ursprünglich komme ich aus dem Frankenland – und kann immer noch nicht sagen, dass ich München und das, was sich darin und darum so alles tut, wie meine Westentasche kenne. Zum einen verschlägt es mich immer wieder in neue Münchner Stadtteile, Orte in Oberbayern oder auch im Frankenland, an denen ich noch nicht war, weil sie vorher irgendwie nicht in mein Bewusstsein gerückt sind. Zum anderen gab und gibt es in München und ganz Bayern Bräuche, Feste, Märkte und Besonderheiten, und diese sind entweder

  • uralt und waren schon immer da,
  • uralt, wurden aber erst in unserer Zeit wieder neu zum Leben erweckt oder
  • Im Lauf der Jahre und Jahrzehnte neu und auf sehr originelle Weise dazugekommen.
Von solchen „Phänomenen“ im weitesten Sinn möchte ich in diesem Bereich erzählen und würde mich freuen, wenn auch Ihr dazu etwas zu erzählen hättet.


08.03.2024 - Leonardo - Der dem Menschen Wohlgesonnene
Natürlich wäre ein Streifzug durch die Meisterwerke der italienischen Renaissance nicht komplett ohne den einen, der nicht nur Raffael, Sebastiano und Michelangelo den Weg bereitet, sondern die Mannigfaltigkeit des menschlichen Schöpfergeistes verkörpert hat wie kaum ein anderer: Leonardo da Vinci. Und das, obwohl er gar nicht so viel malte, sondern sowohl die Tier- und Pflanzenwelt als auch die Proportionen und die Anatomie des Menschen und nicht zuletzt die Gesetze der Mechanik studierte. Studien, deren Ergebnisse er in seiner legendären Proportionsstudie nach Vitruv, seinen Aufzeichnungen über die Entwicklung des menschlichen Fötus in der Gebärmutter und seinen Skizzen zu Artilleriegeschützen und Flugapparaten verewigt hat. Einräumen muss ich an dieser Stelle, dass Leonardo aus meiner Sicht Farben längst nicht so zum Strahlen und Leuchten bringt wie Raffael, nicht so subtil und eindrucksvoll mit Licht und Schatten spielt wie Sebastiano und nicht solch gewaltige Szenen erschafft wie Michelangelo. Aber dafür ist Leonardo fähig, Gesichter zum Leben zu erwecken und allein mit der Mimik, Gestik und Haltung seiner Gestalten Geschichten zu erzählen wie kaum ein anderer seiner Kollegen, die zeitlich nach ihm kamen. 


Leonardo - Der dem Menschen Wohlgesonnene

Natürlich wäre ein Streifzug durch die Meisterwerke der italienischen Renaissance nicht komplett ohne den einen, der nicht nur Raffael, Sebastiano und Michelangelo den Weg bereitet, sondern die Mannigfaltigkeit des menschlichen Schöpfergeistes verkörpert hat wie kaum ein anderer: Leonardo da Vinci.

Und das, obwohl er gar nicht so viel malte, sondern sowohl die Tier- und Pflanzenwelt als auch die Proportionen und die Anatomie des Menschen und nicht zuletzt die Gesetze der Mechanik studierte. Studien, deren Ergebnisse er in seiner legendären Proportionsstudie nach Vitruv, seinen Aufzeichnungen über die Entwicklung des menschlichen Fötus in der Gebärmutter und seinen Skizzen zu Artilleriegeschützen und Flugapparaten verewigt hat.

Einräumen muss ich an dieser Stelle, dass Leonardo aus meiner Sicht Farben längst nicht so zum Strahlen und Leuchten bringt wie Raffael, nicht so subtil und eindrucksvoll mit Licht und Schatten spielt wie Sebastiano und nicht solch gewaltige Szenen erschafft wie Michelangelo.

Aber dafür ist Leonardo fähig, Gesichter zum Leben zu erwecken und allein mit der Mimik, Gestik und Haltung seiner Gestalten Geschichten zu erzählen wie kaum ein anderer seiner Kollegen, die zeitlich nach ihm kamen. 

Anders als Raffael, Sebastiano und Michaelangelo hatte Leonardo mit Rom, dem Papst und der Kurie wenig zu tun; er lebte und wirkte hauptsächlich in Florenz und Mailand, bis ihn Franz I. von Frankreich nach Schloss Chambord an der Loire berief, dessen Architektur er maßgeblich mitgestaltet hat; und auf Schloss Amboise, seinem letzten Wohnsitz, ist er unter dem Schutz seines letzten Mäzens friedlich und hochgeachtet gestorben.

In den Jahren seines Wirkens in Florenz und Mailand hat er sich vorwiegend der Damenwelt gewidmet. Vom Blick und von den Zügen der Frauen, die er porträtiert hat, geht ein Selbstbewusstsein und eine geistige Wachheit und Reife aus, die seine Kollegen entweder nicht wahrgenommen haben oder nicht darstellen wollten, weshalb auch immer.

Im Rahmen dieser Ausstellung erwartete mich eine Überraschung, von der ich bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts wusste. 
Wohl die ganze Welt kennt die Mona Lisa, die im Louvre hängt und um die sich tagein, tagaus ganze Massen an Touristen scharen. Zwar ist es das erste, quasi das Originalbild, das von der Mona Lisa entstand; doch es ist nicht das einzige!

In Wahrheit war Leonardo weder mit seiner Gesamtkomposition noch mit den Zügen und der Miene der von ihm porträtierten Dame zufrieden, so dass er sie noch einmal verewigte, mit weicheren, zarteren Zügen als in seiner Erstfassung, aber mit einer deutlich reduzierten Farbpalette im Hintergrund. Diese Version der Mona Lisa hängt in der Galerie von Islewood in Großbritannien.

Doch - es war schier zum Verzweifeln - Leonardo war mit dem Resultat seiner Bemühungen immer noch nicht zufrieden. Also ging er ein drittes Mal an dasselbe Porträt, stattete den Hintergrund mit mehr Farben und Licht aus, hüllte seine Dame in ein helleres, leichteres Gewand und verlieh ihren Zügen mehr Lebendigkeit und Heiterkeit als bei seinen Vorgängerversionen.
Und die dritte Mona Lisa, die heute im Prado von Madrid hängt, betrachtete er selbst als als die gelungene, so, wie er sie letzten Endes haben wollte.

Somit können sich drei Galerien rühmen, die Mona Lisa zu beherbergen; aber jede hat eine andere...

Natürlich darf in dieser Ausstellung das Letzte Abendmahl nicht fehlen, jenes auf eine Leinwand gebannte, aus einem einzigen Akt bestehende Drama, das seit seiner Entstehung für einen ganzen Reigen abenteuerlicher Legenden und Spekulationen gesorgt hat. 

Ob der deutlich sichtbare Abstand zwischen Jesus und Johannes wirklich einen Querverweis auf die wahre Bedeutung des Heiligen Grals darstellt, und ob es in Wahrheit nicht Johannes, sondern Maria Magdalena ist, die Jesus am nächsten sitzt - jene These, die Dan Brown in Sakrileg aufgestellt hat -, sei dahingestellt; auf jeden Fall ist das Letzte Abendmahl ein Werk, dessen Dramatik und Ausdruckskraft nicht seinesgleichen hat.

Auch im Saal auf der zweiten Etage, der Leonardos Schaffen gewidmet ist, sind mir zwei Werke besonders aufgefallen:

Auf einem Ölgemälde stellt Leonardo anders als die meisten seiner Zeitgenossen Jesus nicht als Baby auf dem Arm seiner Mutter Maria oder als Schmerzensmann am Kreuz dar, sondern als Salvator Mundi, den Retter und Erlöser der Welt. Mit gelöster, beinahe heiterer Miene hält Jesus die Welt, die sich in seinem Gewand und seiner Gestalt spiegelt, leicht und mühelos in der Hand als Zeichen, dass er sowohl die Welt überwunden hat als auch die Welt in all ihren Erscheinungen und Gestalten verkörpert.

Und es gibt von ihm einen Christuskopf als gezeichnete Skizze, in der das Angesicht Jesu eine Reinheit, Güte und Liebe ausstrahlt, die man in anderen Gemälden dieser Art selten findet; so als habe Leonardo nach so vielen Schreckensbildern von der Marter Jesu am Kreuz und bedrohlichen bis furchteinflößenden Visionen vom Jüngsten Gericht ausnahmsweise einmal der Liebe, Güte und Vergebung Raum geben wollen. 

Vielleicht war Leonardo in dieser Hinsicht von allen Malern der Renaissance den Menschen am freundlichsten und wohlwollendsten gesonnen...
 



08.03.2024 - Michelangelo - Der Gewaltige
Rund sieben Jahre früher als Raffael begann Michelangelo Buonarotti mit seinen Werken Aufsehen zu erregen, da er sowohl bei den Medici in Florenz als auch bei Papst Julius II. in Rom begehrt und gefragt war. Allerdings hat sich Michelangelo hauptsächlich als Bildhauer verstanden und die Malerei als Nebensache betrachtet, bis Papst Paul III. ihn 1538 nach Rom beorderte, wo er für den Rest seines Lebens blieb und mit den Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle sein Alterswerk beendete.  Vielleicht wurde ihm die Bildhauerei mit zunehmendem Alter zu anstrengend, so dass er sich auf die Malerei verlegte, die ihm weniger Kraftanstrengung und körperlichen Verschleiß abverlangte als das Hämmern und Meißeln an Marmorblöcken. Doch die Art, wie er seine Fresken schuf, halb im Hängen, halb im Liegen unter der Decke der Sixtinischen Kapelle "aufgehängt" und bei miserabler Beleuchtung, raubte ihm nach und nach seine Sehkraft und zehrte den Rest seiner Lebenskraft auf, die ihm noch blieb... Auch wenn sich die Münchner Ausstellung auf den Bilderzyklus der Sixtinischen Kapelle und sein "Jüngstes Gericht" fokussiert, hat man als Michelangelos bedeutendste Werke wohl bis ans Ende der Zeit seinen "Moses" und seine "Pietà" im Petersdom wie auch seinen "David" und seine "Sklaven"  in Florenz im Hinterkopf. Umgekehrt findet jeder, der die vor Kraft schwellenden Muskeln und Sehnen und die dynamische, imposante Körpersprache von Michelangelos Skulpturen vor Augen hat, diese auch in seinen Gemälden wieder.


Michelangelo - Der Gewaltige


Rund sieben Jahre früher als Raffael begann Michelangelo Buonarotti mit seinen Werken Aufsehen zu erregen, da er sowohl bei den Medici in Florenz als auch bei Papst Julius II. in Rom begehrt und gefragt war.

Allerdings hat sich Michelangelo hauptsächlich als Bildhauer verstanden und die Malerei als Nebensache betrachtet, bis Papst Paul III. ihn 1538 nach Rom beorderte, wo er für den Rest seines Lebens blieb und mit den Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle sein Alterswerk beendete. 

Vielleicht wurde ihm die Bildhauerei mit zunehmendem Alter zu anstrengend, so dass er sich auf die Malerei verlegte, die ihm weniger Kraftanstrengung und körperlichen Verschleiß abverlangte als das Hämmern und Meißeln an Marmorblöcken.

Doch die Art, wie er seine Fresken schuf, halb im Hängen, halb im Liegen unter der Decke der Sixtinischen Kapelle "aufgehängt" und bei miserabler Beleuchtung, raubte ihm nach und nach seine Sehkraft und zehrte den Rest seiner Lebenskraft auf, die ihm noch blieb...

Auch wenn sich die Münchner Ausstellung auf den Bilderzyklus der Sixtinischen Kapelle und sein Jüngstes Gericht fokussiert, hat man als Michelangelos bedeutendste Werke wohl bis ans Ende der Zeit seinen Moses und seine Pietà im Petersdom wie auch seinen David und seine Sklaven in Florenz im Hinterkopf. Umgekehrt findet jeder, der die vor Kraft schwellenden Muskeln und Sehnen und die dynamische, imposante Körpersprache von Michelangelos Skulpturen vor Augen hat, diese auch in seinen Gemälden wieder. 

Besonders eindrucksvoll finde ich Michelangelos erstes Gemälde der Schöpfungsgeschichte, in dem Gott auf dem Rücken liegt, von dunklen Quellwolken umgeben, die Arme an den Körper herangezogen, die Fäuste geballt. Er erscheint als eine ebenso elementare, unbändige Gewalt wie die Wolken, auf denen er liegt; eine Macht, die aus einem finsteren, gestaltlosen Chaos etwas zu formen beginnt.

Später stellt Michelangelo Gott in aufrechter, imposanter Haltung und nicht mehr allein dar. Ob bei der Trennung von Himmel und Meer oder der Erschaffung von Sonne und Mond, stets begleiten ihn mindestens drei, manchmal auch vier kleine Engel, die ihm neugierig und aufgeregt bei seinem Schaffen zusehen. 

Bei diesen Schöpfungsakten liegt in der Haltung, der Miene, dem Blick Gottes etwas so Machtvolles und Gewaltiges, dass sich selbst dem flüchtigsten Betrachter der Eindruck aufdrängt, dass man einem solchen Schöpfergott lieber nicht in die Quere kommen sollte.

Sowohl die Haltung als auch der Gesichtsausdruck Gottes ändert sich, als er Adam und Eva erschafft. Die Art, wie er Adam einen seiner ausgestreckten Finger hinreicht, um ihm etwas von seinem Geist einzuflößen, und wie er Eva ansieht, als sie aus Adams Seite steigt und ihm entgegengeht, hat etwas Väterliches, Liebevolles, als hätte er mit den beiden, die er nach seinem Bild erschaffen hat, etwas Besonderes vor. Alles in allem zeigt er sich in weit menschlicherer Gestalt, nicht mehr als elementare, furchteinflößende Macht wie zu Beginn der Schöpfung.

Dennoch endet die Schöpfungsgeschichte, wie allgemein bekannt, mit dem Sündenfall von Adam und Eva und ihrer Vertreibung aus dem Paradies. Von diesem Moment an führen sie ihr Leben auf dieser Erde getrennt von Gott und bekommen ihn nie mehr direkt zu sehen...

Auch auf Michelangelos berühmtes Fresko Das Jüngste Gericht möchte ich noch genauer eingehen. Bei genauer Betrachtung fiel mir auf, dass zwar der gesamte Hintergrund in einem klar und tief leuchtenden Blau gehalten und Jesus und Maria auf ihrem gemeinsamen Thron in ein strahlend helles Licht gehüllt sind; doch sowohl die Heiligen und Märtyrer, die zur Himmelssphäre emporsteigen, als auch die Sünder und Frevler, die zur Hölle fahren, sind von Dunkelheit und Schatten umhüllt und von Leid und Strapazen gezeichnet.

Jene, die wissen, dass sie der ewigen Verdammnis überantwortet sind, sehen so verzagt, entsetzt oder verzweifelt drein, dass niemand zu fragen braucht, was Heulen und Zähneklappern bedeutet; sie oder er muss nur die Gesichter dieser Menschen und ihre von Qualen gekrümmten Körper sehen. 

Doch jene, die den Aufstieg zum Himmel geschafft haben, sind von den Leiden und Martern, die sie vor und bei ihrem leiblichen Tod auf Erden erdulden mussten, noch erschöpft und mitgenommen. Manche von ihnen schleppen sich mühsam zum Thron von Jesus und Maria hin; anderen, denen das letzte bisschen Kraft abhanden gekommen ist, werden von helfenden Armen emporgezogen oder -gehoben.

Auch wenn die Offenbarung des Johannes mit dem Sieg Jesu und des himmlischen Heers endet und die Erschaffung eines neuen Himmels, einer neuen Erde und einer heiligen Stadt verkündet, ist in Michelangelos Jüngstem Gericht der erbitterte Kampf zwischen den Mächten des Lichtes und der Finsternis in vollem Gange und ein Ende noch nicht abzusehen.

Immerhin: Als in einem separaten Gemälde der Erzengel Michael mit seinem Speer Satan den Garaus macht, leuchten die Farben seines Gewandes und erstrahlt der gesamte Hintergrund in einem hellen, ungetrübten Schein, der den endgültigen Sieg des Guten über das Böse verkündet!
 



08.03.2024 - Raffael - Der Lichtspendende
Die Ausstellung beginnt im ersten Stock mit den Gemälden, die Raffael Sanzio da Urbino ab 1508 als Auftragsarbeit für Papst Julius II anfertigte. Zuvor hatte er in Florenz, wo er seine Lehre abschloss und zum Meister wurde, als Porträtmaler von sich reden gemacht, was eines seiner frühen Selbstporträts beweist, das ihn zusammen mit einem guten Freund zeigt; und auf seine Zeit in Florenz geht auch seine berühmte "Madonna im Grünen" zurück. Jahrhundertelang waren Raffaels Gemälde in den Privatgemächern des Papstes, seine Stanzen wie auch seine "Sixtinische Madonna" von Schatten und Finsternis geprägt, bis ein Team von Kunsthistorikern und Restauratoren den Gemälden im wahren Sinn des Wortes auf den Grund ging und herausfand, dass die Finsternis auf Jahrhunderte alte Schichten an Staub und Weihrauch zurückzuführen war, die sich auf den Gemälden niedergeschlagen hatten.  Die Farben, die im Zuge des Reinigungsprozesses unter der Patina zum Vorschein kamen, erwiesen sich als hell, klar und bunt. Seither dürfen die Gewänder von Raffaels Madonnen ebenso wie ihre lieblichen und zugleich menschlichen Gesichtszüge in sonnendurchflutetem, buntem, ja geradezu heiterem Licht erstrahlen... Es ist, als habe Raffael bei seinen Gemälden versucht, die Mitglieder der Heiligen Familie so menschlich und natürlich wie möglich darzustellen und sie auf diese Weise den Menschen seiner Zeit nahe zu bringen. 


Raffael - Der Lichtspendende


Die Ausstellung beginnt im ersten Stock mit den Gemälden, die Raffael Sanzio da Urbino ab 1508 als Auftragsarbeit für Papst Julius II anfertigte. Zuvor hatte er in Florenz, wo er seine Lehre abschloss und zum Meister wurde, als Porträtmaler von sich reden gemacht, was eines seiner frühen Selbstporträts beweist, das ihn zusammen mit einem guten Freund zeigt; und auf seine Zeit in Florenz geht auch seine berühmte Madonna im Grünen zurück.

Jahrhundertelang waren Raffaels Gemälde in den Privatgemächern des Papstes, seine Stanzen wie auch seine Sixtinische Madonna von Schatten und Finsternis geprägt, bis ein Team von Kunsthistorikern und Restauratoren den Gemälden im wahren Sinn des Wortes auf den Grund ging und herausfand, dass die Finsternis auf Jahrhunderte alte Schichten an Staub und Weihrauch zurückzuführen war, die sich auf den Gemälden niedergeschlagen hatten. 

Die Farben, die im Zuge des Reinigungsprozesses unter der Patina zum Vorschein kamen, erwiesen sich als hell, klar und bunt. Seither dürfen die Gewänder von Raffaels Madonnen ebenso wie ihre lieblichen und zugleich menschlichen Gesichtszüge in sonnendurchflutetem, buntem, ja geradezu heiterem Licht erstrahlen...

Es ist, als habe Raffael bei seinen Gemälden versucht, die Mitglieder der Heiligen Familie so menschlich und natürlich wie möglich darzustellen und sie auf diese Weise den Menschen seiner Zeit nahe zu bringen. 

Aus meiner Sicht hat sowohl die Madonna von Filippino als auch die Madonna im Grünen vorwiegend etwas Mütterliches und nicht etwas unantastbar Heiliges an sich, während bei der Sixtinischen Madonna der Ausdruck von Jugend und Zartheit überwiegt. Und während auf allen drei Madonnenbildern Jesus als pausbäckiges, wohlgenährtes Baby gezeigt wird, sind die beiden kleinen Engel zu Füßen der "Sixtinischen Madonna" schlicht und einfach Lausbuben... 

Auch vor Gott als Schöpfer des Himmels und der Erde macht Raffael in seinem Bemühen um Menschlichkeit und Nahbarkeit nicht Halt. Zwar verleiht er ihm wallende weiße Locken und einen ebensolchen Bart; doch die Tatsache, dass Gott in Altrosa gekleidet ist und schwerelos über der Erde schwebt, ja, bei seinen Schöpfungsakten fast in der Luft Purzelbäume zu schlagen scheint, zeigt den Elan, die Freude und Zuversicht, mit der ein junger Mann bei der Erschaffung dieser Gemälde an sein Werk ging, als seien in dieser Zeit Sorgen, Nöte und Zweifel für ihn absolute Fremdwörter gewesen.

Kaum hingen seine ersten Werke an den Wänden der päpstlichen Privatgemächer, war Papst Julius und mit ihm die Kurie derart von seinem Können überzeugt, dass Raffael mit der Bauleitung und Gestaltung des Petersdoms beauftragt wurde - bis er 1520 in der Blüte seiner Jahre mit nur siebenunddreißig Jahren starb. Da entsprechende Dokumente fehlen, ist es bis heute unklar, ob die Todesursache Malaria, ein unsachgemäß durchgeführter Aderlass oder womöglich die Pest war; sicher ist nur, dass er nach seinem Ableben ungewöhnlich rasch beerdigt wurde.
 



08.03.2024 - Aus der Welt der bildenden Künste - Meisterwerke der Renaissance
Nachdem ich mich auf dem Gebiet der bildenden Künste seit längerem nicht mehr geäußert habe, ist es mir vor kurzem gelungen, im Zusammenhang mit einer Ausstellung zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Zum einen findet derzeit mitten in München eine Ausstellung statt, die so rasch nicht ihresgleichen hat; fasst sie doch die Meisterwerke der italienischen Renaissance an einem Ort in komprimierter Form zusammen und zeigt sie in großer Ruhe und Würde ohne den Ansturm nicht enden wollender Menschenmengen, die den Originalen in Rom, Turin, Paris und Dresden hinterher jagen. Und zum anderen geht diese Ausstellung auf ein Experiment zurück, das Ende September letzten Jahres von einem jungen Eventmanager in großen Tönen verkündet wurde, dessen Versprechen sich leider als ein Kartenhaus entpuppte, das binnen kürzester Zeit sang- und klanglos einstürzte und den riesigen Gebäudekomplex am Stachus wieder als ein ungenutzt leerstehendes, hohles Gerippe zurückließ. Indes hat seither der deutsch-italienische Kuratorenbund "Giovali" beharrlich und unbeirrt um die Verwirklichung seiner Vision gekämpft und sie Ende Februar in die Tat umgesetzt: In Absprache mit der Eigentümerfamilie Zechbauer wird derzeit auf Leinwänden zum Greifen nahe eine Auswahl der bedeutendsten Werke der italienischen Renaissance gezeigt. Mit anderen Worten, die erste und zweite Etage des ehemaligen "Kaufhofs" hat sich in eine echte Galerie verwandelt, mit Holzparkett, karmesinrot getünchten Wänden und Lamellen-Jalousien, die für stimmungsvolle Spiele mit Licht und Schatten sorgen. 22 Euro kostet der Eintritt für Erwachsene, wobei ich zu bedenken gebe, dass man, um die Originale zu sehen, nach Turin, Paris oder Rom reisen muss, was erheblich mehr kostet, aber mit langen Wartezeiten oder äußerst knapp bemessenen Zeitfenstern und auch dann noch mit Geschiebe und Gedränge verbunden ist. Kurz und gut, nun war ich dort und sage nur wie bei der "Flowers Forever"-Ausstellung in der Hypo-Kunsthalle: Münchnerinnen und Münchner, Touristen und Tagesreisende, seht euch die "Meisterwerke" an! Anderswo bekommt ihr Raffael, Michelangelo, Sebastiano und Leonardo nicht auf engstem Raum und in solch geballter Wucht geboten!


Nachdem ich mich auf dem Gebiet der bildenden Künste seit längerem nicht mehr geäußert habe, ist es mir vor kurzem gelungen, im Zusammenhang mit einer Ausstellung zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen:

Zum einen findet derzeit mitten in München eine Ausstellung statt, die so rasch nicht ihresgleichen hat; fasst sie doch die Meisterwerke der italienischen Renaissance an einem Ort in komprimierter Form zusammen und zeigt sie in großer Ruhe und Würde ohne den Ansturm nicht enden wollender Menschenmengen, die den Originalen in Rom, Turin, Paris und Dresden hinterher jagen.

Und zum anderen geht diese Ausstellung auf ein Experiment zurück, das Ende September letzten Jahres von einem jungen Eventmanager in großen Tönen verkündet wurde, dessen Versprechen sich leider als ein Kartenhaus entpuppte, das binnen kürzester Zeit sang- und klanglos einstürzte und den riesigen Gebäudekomplex am Stachus wieder als ein ungenutzt leerstehendes, hohles Gerippe zurückließ.

Indes hat seither der deutsch-italienische Kuratorenbund "Giovali" beharrlich und unbeirrt um die Verwirklichung seiner Vision gekämpft und sie Ende Februar in die Tat umgesetzt:

In Absprache mit der Eigentümerfamilie Zechbauer wird derzeit auf Leinwänden zum Greifen nahe eine Auswahl der bedeutendsten Werke der italienischen Renaissance gezeigt. Mit anderen Worten, die erste und zweite Etage des ehemaligen "Kaufhofs" hat sich in eine echte Galerie verwandelt, mit Holzparkett, karmesinrot getünchten Wänden und Lamellen-Jalousien, die für stimmungsvolle Spiele mit Licht und Schatten sorgen. 

22 Euro kostet der Eintritt für Erwachsene, wobei ich zu bedenken gebe, dass man, um die Originale zu sehen, nach Turin, Paris oder Rom reisen muss, was erheblich mehr kostet, aber mit langen Wartezeiten oder äußerst knapp bemessenen Zeitfenstern und auch dann noch mit Geschiebe und Gedränge verbunden ist.

Kurz und gut, nun war ich dort und kann wie bei der "Flowers Forever"-Ausstellung in der Hypo-Kunsthalle nur sagen:

Münchnerinnen und Münchner, Touristen und Tagesreisende, seht euch die "Meisterwerke" an! Anderswo bekommt ihr Raffael, Michelangelo, Sebastiano und Leonardo nicht auf engstem Raum und in solch geballter Wucht geboten!


Sebastiano - Der Tiefgründige

 

Ich gebe zu, dass mir Sebastiano del Piombo als Meister der Renaissance bislang nicht bekannt war. Er stammte aus Venedig und hatte dort immerhin Bellini als Lehrmeister.

Sebastiano erlebte seinen Aufstieg in Rom im selben Zeitraum wie seine beiden großen Kollegen Raffael und Michelangelo; doch während zwischen ihm und Raffael ein erbitterter Konkurrenzkampf entbrannte, wurde ihm der um etliche Jahre ältere Michelangelo zu einem guten Freund, der nie vergaß, ihn bei seinen Mäzenen in Rom und Florenz ins rechte Licht zu rücken, so dass beide einander emsig die Auftraggeber und Aufträge zuschoben.

Bis Sebastiano Michelangelo vorschlug, die Deckengemälde der Sixtinischen Kapelle nicht als Fresken, sondern als Ölgemälde auf Leinwand zu malen, was jener als eine solche Zumutung wertete, dass er Sebastiano die Freundschaft aufkündigte und fortan kein gutes Haar mehr an ihm ließ. Dies führte u.a. dazu, dass Vasari bei der Beurteilung und Würdigung einiger Werke nicht Sebastiano, sondern Raffael als deren Urheber bezeichnete, was sich erst Jahrhunderte später als falsch herausstellte.

Ich finde es mehr als nur angemessen, dass Sebastianos Werke von Kunsthistorikern ins rechte Licht gerückt wurden. Denn seine Gemälde, die für die Ausstellung erwählt wurden, vor allem seine "Kreuztragung" und seine "Pietà", beweisen, dass die Renaissance-Maler aus Venedig mit Licht und Schatten wie auch mit der Betonung und Auflösung von Konturen umzugehen vermögen wie nur wenige andere Kollegen ihrer Zeit.

Allein die Schatten, die Jesus beim Tragen des Kreuzes umgeben, betonen die schwere Bürde und das tiefe Leid, das mit seinem Weg verbunden ist; und als der nackte Leichnam ihres Sohnes zu Marias Füßen liegt, lastet sowohl am Himmel als auch über der Landschaft ein solch düsteres, bleischweres Gewölk, dass in diesem Augenblick nicht nur Maria trauert, sondern der Himmel und die ganze Welt.

Als Maria bei der "Darstellung im Tempel" ihren Sohn aus seinen Hüllen schält und ihn nackt den Blicken der Zeugen preisgibt, geht von ihrer Haltung und ihren Zügen durch die stumpfe, lastende Schwärze, die ihre Gestalten umgibt, eine Zurückhaltung und zugleich eine bleierne Schwere aus, so als sei die Last des Schicksals, das über Mutter und Sohn verhängt ist und dem sie nicht ausweichen können, förmlich zu spüren.

Nur in der "Verklärung Christi", als Moses und Elias erscheinen und an seine Seite treten, ist von Dunkelheit und Schatten nichts mehr zu sehen; da erstrahlen seine Züge, sein Gewand, ja, seine gesamte Umgebung in reinem, farbenfrohem Licht.

Übrigens haben die Kuratoren und Organisatoren von "Giovali", falls ihre "Meisterwerke" genügend Besucher zu gewinnen vermögen, eine Folgeausstellung mit den großen Venezianern Tiepolo, Tintoretto und Tizian geplant, die in ihren Gemälden noch brillianter mit Licht und Farben gespielt und für noch mehr Spannung und Dramatik gesorgt haben als ihre Kollegen...
 



24.12.2023 - Der Märchenbazar im Olympiapark Süd
In allen Zelten fand man, wenn man nur aufmerksam und lange genug hinsah, lauter kleine skurril-verträumte Details. Auf Schritt und Tritt war die Liebe und Sorgfalt zu spüren, die alle Mitwirkenden in ihr kleines aber feines Festival investiert hatten.  Und über allen Zelten und Ständen, ja, über dem gesamten Gelände waberte eine Atmosphäre heiterer, entspannter und zugleich anregender Festlichkeit - so, wie Weihnachten eigentlich sein sollte... Wer weiß? Vielleicht wurde die Atmosphäre, die diesen Teil des Olympiaparks seit jeher auszeichnet, auch durch den Geist jenes still und bescheiden lebenden Eremiten aus Russland mitgeprägt, den München einst als Väterchen Timofej kannte.  Am Ende des Märchenbazars gab es einen Zaun mit einem großen Tor darin, das weit offen stand und vom Festival in Väterchen Timofejs Anwesen führte. Eine kleine Gesellschaft privater Kuratoren kümmert sich seit seinem Tod im Jahr 2004 um den Garten, die kleinen Gartenhäuschen und die Statue der Muttergottes mit Kind, die als einzige Erinnerung an die Ost-West-Friedenskirche übrig geblieben ist, die - wie ich berichtet habe - Anfang Juli dieses Jahres bis auf die Grundmauern nieder brannte. Diese Stifter und Erhalter setzen sich unter der Schirmherrschaft des früheren Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude für den Erhalt von Timofejs Erbe ein und bitten um Spenden für den Erhalt des Anwesens und den Wiederaufbau der kleinen Kapelle, die einst hier stand und die ihre beiden Erbauer, Timofej und seine Natascha, dem Frieden zwischen Ost und West, ja, dem Frieden unter den Menschen geweiht hatten... Im Gedenken an den ebenso friedevollen wie anregenden Nachmittag im Advent, den ich hier verbrachte, wünsche ich all meinen Leserinnen und Lesern nah und fern ein frohes Weihnachtsfest und viel Gesundheit, Glück, Erfolg und Zufriedenheit für das neue Jahr!


Der Märchenbazar im Olympiapark Süd


Noch einen anderen, ebenfalls recht neuen Markt habe ich in diesem Jahr zum ersten Mal besucht.

Im Talkessel des südlichen Olympiaparks, in dem jedes Jahr im Juni und Juli das Sommer-Tollwood stattfindet, hatten die Organisatoren vom Wannda-Ensemble schon letztes Jahr die Zelte ihres Märchenbazars aufschlagen wollen; doch leider sorgte eine Verkettung widriger Umstände dafür, dass sie ihr Fest in letzter Minute absagen mussten.

Doch in diesem Jahr stand der Veranstaltung nichts mehr im Wege, so dass ich mich am Samstagvormittag des dritten Advents an der Endstation in die U3 schwang und bis zum Scheidplatz durchfuhr.

Als ich mit einem der Aufzüge zur Bushaltestelle der Linie 144 hinauf fuhr, erwartete mich dort, wo sich sonst die Trambahngleise stadtein- und -auswärts erstrecken, eine wirre, chaotische Baustelle, an deren äußerer Flanke eine einzige freie Busspur zu erkennen war. 

Zwar lag mir diese Busspur in Sichtweite gegenüber; aber von dort, wo ich stand, war es unmöglich, die Absperrungen der Baustelle zu überqueren. Ich musste an der langen Front der Pfennigparade entlang und fast bis zur Einfahrt des Schwabinger Krankenhauses tigern, bis ich die Straße überqueren und zur Busspur zurückgehen konnte. 

Doch immerhin fährt der Bus der Linie 144 nun auch in der Adventszheit die Ackermannstraße entlang, biegt beim Spiridon-Louis-Ring in den südlichen Teil des Olympiaparks ein, kurvt dann am See vorbei und auf halber Höhe am Olympiaberg entlang.

Dort liegt die Bushaltestelle, die einem von den Sommermonaten bestens vertraut ist. Doch von hier aus muss man noch etwa zweihundert Meter Kiesebene durchqueren, denn die Zelt- und Budenstadt des Märchenbazars umfasst nur die Hälfte der Fläche des Tollwood-Sommerfestivals und liegt im hinteren Teil des Geländes, Auch die Stände im Freien und die drei Marktzelte fielen um einziges kleiner aus, als wir es von den Sommermonaten her gewohnt sind.

Doch auf dem Märchenbazar erlebte ich etwas, das ich in der Gründerzeit der frühen 1990er Jahre in diesem Gelände noch gekannt habe: 

Alle Betreiber der Stände im Freigelände und in den drei Zelten und ihre Helfer waren ruhig und gelassen und ließen sich Zeit, ganz gleich, ob sie bestellte Speisen zubereiteten (alle Gerichte wurden grundsätzlich frisch vor den Augen der Gäste zubereitet und serviert), Getränke einschenkten, abkassierten oder Geschirr zurücknahmen. 

Auch stellte ich fest, dass - wie damals in der Tollwood-Gründerzeit - keiner der Organisatoren, Betreiber und Helfer älter als dreißig Jahre war. Offenbar ist mit dem Wannda-Ensemble eine neue Festivalgeneration aufgestanden und geht mit ihren Ideen und kreativen Ansätzen neue und eigene Wege. 

Überhaupt scheint die wahre kreative Münchner Kulturszene zunehmend von der verödenden und verarmenden Innenstadt in die Randgebiete hinaus zu wandern, nach Sendling in den Süden, nach Giesing in den Osten, nach Pasing in den Westen und eben in die Umgebung des Olympiaparks nach Norden.

Auf dem Märchenbazar habe ich erstmals "Okonomiyaki" probiert, die japanische Ausgabe von Reiberdatschi, wo zu den rohen Kartoffeln ein paar Blätter Weißkohl gerieben werden. Dann wird der Kartoffel-Weißkohl-Teig zu Bällchen geformt, in der Friteuse gebraten, mit Lauchzwiebeln und Sesam bestreut und mit unterschiedlich abgeschmeckter Sojasauce übergossen. 

Klingt beim ersten Lesen oder Sehen etwas fremd, schmeckt aber köstlich und ist erstaunlich sättigend!

Im kleinen feinen "Goldmarie"-Zelt gab es Crepes mit Weihnachtsfüllung, die aus Kastanienpüree und geriebenen Mandeln bestand, und dazu einen würzigen, gehaltvollen Pumpkin Spice Latte. 

Und im Freigelände bekam man neben Dattel- und Minzetee Kleingebäck aus Marokko, das dank dem verwendeten Orangen- und Rosenblütenöl noch einen Deut lieblicher duftete und schmeckte, als ich es bisher auf anderen Festen je erlebt habe.

Draußen im Freien fand ich auch einen Stand, der nur hier und auf dem Tollwood-Gelände gastiert:

In Scharnitz am Fuß des Karwendelgebirges gibt es eine kleine Manufaktur, die Latschenkiefer-Nadeln und -Zapfen zu Sirup und Likör verarbeitet. Und jedes Jahr im Frühsommer und zur Adventszeit kommen diese Leute aus Tirol zu uns hierher und verkaufen ihre Erzeugnisse.

Ich kann nur sagen, dass ein einziger Schuss Latschenkiefer-Sirup in einem Glas Wasser unbeschreiblich erfrischend, gesund und zugleich köstlich schmeckt, was auch für den Likör aus Latschenkiefer-Nadeln und -zapfen gilt. Allerdings ist der Likör recht gehaltvoll; ein Stamperl am Abend genügt vollauf!

Im Basarzelt der "Frau Holle" fand man neben bemalten hölzernen Fußschemeln, Mosaik-Arbeiten und Tajine-Doppelkegeln aus Marokko eine mit kuscheligen Baum-wollkissen ausgelegte Sitzecke, die mich an ein britisches Cottage in der Grafschaft Kent erinnerte. Da alle Sitz- und Rückenkissen asymmetrisch geformt und zu einem Puzzle arrangiert waren, hatte diese kleine Nische etwas Verhuschtes an sich, so als sei mit der Sitzecke auch das zum Cottage gehörende Hausgespenst mitgeliefert worden. 

Im "Goldmarie"-Zelt hingen lauter Vogelkäfige unter dem Dach, deren Türen weit geöffnet waren, während zwischen zwei Marktständen eine einzelne Stehlampe auf einem kleinen runden Tisch für "Erleuchtung" sorgte. Den Mittelpunkt dieses Zeltes bildete ein von Rosengirlanden umrankter naturweißer Gartenpavillon; und wenn man sich auf einen der runden emaillierten Stühle im Pavillon setzte, hatte man ein Klavier aus rotbraunem Nussbaumholz und davor einen riesigen schilfgrünen Ohrensessel aus viktorianischer Zeit im Blick.

An der Stirnseite des "Märchenzelts" stand unter den funkelnden Sternen des Zeltdaches eine kleine aber feine Theaterbühne, deren Umrandung, Rampe und Boden ganz aus schlichtem braunem Holz gezimmert war.  Leider war ich am frühen Nachmittag auf dem Märchenbazar unterwegs und hatte später noch andere Dinge zu erledigen; und die Konzert- und Comedy- bzw. Kabarett-Vorstellungen im "Märchenzelt" begannen erst ab 18:30 Uhr.

Doch es gelang mir, einen Blick in die Requisitenkammer links neben dem Wannda-Theater zu werfen, in der in einer großen Regalwand mit vielen Fächern lauter kleine Dinge aufbewahrt wurden, die später in einem Konzert, Comedystück oder Kabarett- Sketch eine Rolle spielen würden.

Und an einer Längsseite des Märchenzeltes gab es eine Art "Zimmer im Zimmer"; zumindest deuteten die beiden kleinen Fenster mit den geblümten Flügelvorhängen an der Wand darauf hin. 

Alles in allem fand man in allen Zelten, wenn man nur aufmerksam und lange genug hinsah, lauter kleine skurril-verträumte Details. Auf Schritt und Tritt spürte man die Liebe und Sorgfalt, die alle Mitwirkenden in ihr kleines aber feines Festival investiert hatten. 

Und über allen Zelten und Ständen, ja, über dem gesamten Gelände waberte eine Atmosphäre heiterer, entspannter und zugleich anregender Festlichkeit - so, wie Weihnachten eigentlich sein sollte...

Wer weiß? Vielleicht wurde die Atmosphäre, die diesen Teil des Olympiaparks seit jeher auszeichnet, auch durch den Geist jenes still und bescheiden lebenden Eremiten aus Russland mitgeprägt, den München einst als Väterchen Timofej kannte. 

Am Ende des Märchenbazars gab es einen Zaun mit einem großen Tor darin, das weit offen stand und vom Festival in Väterchen Timofejs Anwesen führte.

Eine kleine Gesellschaft privater Kuratoren kümmert sich seit seinem Tod im Jahr 2004 um den Garten, die kleinen Gartenhäuschen und die Statue der Muttergottes mit Kind, die als einzige Erinnerung an die Ost-West-Friedenskirche übrig geblieben ist, die - wie ich berichtet habe - Anfang Juli dieses Jahres bis auf die Grundmauern nieder brannte. 

Diese Stifter und Erhalter setzen sich unter der Schirmherrschaft des früheren Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude für den Erhalt von Timofejs Erbe ein und bitten um Spenden für den Erhalt des Anwesens und den Wiederaufbau der kleinen Kapelle, die einst hier stand und die ihre beiden Erbauer, Timofej und seine Natascha, dem Frieden zwischen Ost und West, ja, dem Frieden unter den Menschen geweiht hatten...

Im Gedenken an den ebenso friedevollen wie anregenden Nachmittag im Advent, den ich hier verbrachte, wünsche ich all meinen Leserinnen und Lesern nah und fern ein frohes Weihnachtsfest und viel Gesundheit, Glück, Erfolg und Zufriedenheit für das neue Jahr!