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Blog

Besonderheiten aus München und Oberbayern

Seit 31 Jahren lebe ich nun schon in und um München und Oberbayern...



Vorwort zu meinem Blog-Bereich „Brauchtum, Feste, Märkte und Besonderheiten in München und Bayern“

Seit 31 Jahren lebe ich nun schon in und um München und Oberbayern – ursprünglich komme ich aus dem Frankenland – und kann immer noch nicht sagen, dass ich München und das, was sich darin und darum so alles tut, wie meine Westentasche kenne. Zum einen verschlägt es mich immer wieder in neue Münchner Stadtteile, Orte in Oberbayern oder auch im Frankenland, an denen ich noch nicht war, weil sie vorher irgendwie nicht in mein Bewusstsein gerückt sind. Zum anderen gab und gibt es in München und ganz Bayern Bräuche, Feste, Märkte und Besonderheiten, und diese sind entweder

  • uralt und waren schon immer da,
  • uralt, wurden aber erst in unserer Zeit wieder neu zum Leben erweckt oder
  • Im Lauf der Jahre und Jahrzehnte neu und auf sehr originelle Weise dazugekommen.
Von solchen „Phänomenen“ im weitesten Sinn möchte ich in diesem Bereich erzählen und würde mich freuen, wenn auch Ihr dazu etwas zu erzählen hättet.


23.09.2023 - Das Klangfest im Werksviertel
Kurz bevor die Sommerferien in Bayern enden, hat früher am Samstagabend vor Schulbeginn von 19:00 bis 24:00 Uhr die "Nachtschwärmer"-Kulturnacht stattgefunden, an der sich die großen Kaufhäuser und Modegeschäfte der Münchner Innenstadt von der Schützenstraße bis zum Torbogen des Alten Rathauses beteiligt haben und die zugleich den Neubeginn der Kultursaison eingeläutet hat. Leider existiert die Hälfte all der Häuser - die Galeria am Hauptbahnhof und am Stachus, der Sport-Karstadt nach dem Oberpollinger, der Betten-Rid, das frühere Kaufhaus Konen - in denen früher die Gratiskonzerte junger aufstrebender Bands, Trios und Solisten stattfanden, inzwischen nicht mehr. Um der aktiven Münchner Musikszene ein neues Forum und den Münchnerinnen und Münchnern kostenlos die Gelegenheit zum Ausgehen und Flanieren zu bieten, hat der Münchner Stadtrat unter Vorsitz des Kulturreferenten in diesem Jahr beschlossen, im Werksviertel hinter dem Ostbahnhof das Klangfest mit Live-Bands auf vier verschiedenen Bühnen zu veranstalten. Dass ich mir ein solches Ereignis nicht entgehen lassen würde, lag auf der Hand! Der Reigen der Konzerte begann mit der fünfköpfigen, teils brasilianisch, teils bayrisch besetzten Combo "Bavaschoro" auf der Freiluft-Bühne am Knödelplatz.


Das Klangfest im Werksviertel

Kurz bevor die Sommerferien in Bayern enden, hat früher am Samstagabend vor Schulbeginn von 19:00 bis 24:00 Uhr die "Nachtschwärmer"-Kulturnacht stattgefrunden, an der sich die großen Kaufhäuser und Modegeschäfte der Münchner Innenstadt von der Schützenstraße bis zum Torbogen des Alten Rathauses beteiligt haben und die zugleich den Neubeginn der Kultursaison eingeläutet hat.

Leider existiert die Hälfte all der Häuser -  die Galeria am Hauptbahnhof und am Stachus, der Sport-Karstadt nach dem Oberpollinger, der Betten-Rid, das frühere Kaufhaus Konen - in denen früher die Gratiskonzerte junger aufstrebender Bands, Trios und Solisten stattfanden, inzwischen nicht mehr. 

Um der aktiven Münchner Musikszene ein neues Forum und den Münchnerinnen und Münchnern kostenlos die Gelegenheit zum Ausgehen und Flanieren zu bieten, hat der Münchner Stadtrat unter Vorsitz des Kulturreferenten in diesem Jahr beschlossen, im Werksviertel hinter dem Ostbahnhof das Klangfest mit Live-Bands auf vier verschienenen Bühnen zu veranstalten.

Dass ich mir ein solches Ereignis nicht entgehen lassen würde, lag auf der Hand!

Der Reigen der Konzerte begann mit der fünfköpfigen, teils brasilianisch, teils bayrisch besetzten Combo Bavaschoro auf der Freiluft-Bühne am Knödelplatz.

(Dass die Fläche zwischen der orange lackierten Pfanni-Gedenkstätte und Imbissmeile, dem Park-Hochhaus und der neuen KPMG-Zentrale so heißt, hatte ich bis dato noch gar nicht gewusst.)

Saxophon, Trompete, Akkordeon, Kontrabass und Schlagzeug gaben sich ein lebendig-spritziges Stelldichein. Für mich klangen die Rhyhtmen, die von der Freiluft-Bühne über den Platz tönten, nach Bossa Nova und Ipanema-Sound; es handelte sich aber um Choro, den Vorläufer des Samba. Saxophonist und Akkordeonist sangen hin und wieder, mal in brasilianischem Portugiesisch, mal auf Bayrisch; eine Mischung, die durchaus stimmig in den Melodiefluss und die Rhythmik des Ganzen passte.

Etwas befremdend und irritierend erschien mir zum Teil das Verhalten des Publikums. Anstatt der Musik auf der Bühne ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden und sie einfach zu genießen, verbrachten nicht wenige Besucherinnen und Besucher ihre Zeit eher damit, sich im Gelände des Werksviertels zu orientieren, nach Freunden und Bekannten Ausschau zu halten, mit denen sie sich treffen wollten, und sich selbst und andere Gäste zu fragen, was sie hier tun und wohin sie gehen sollten.

Nun, erst einmal in Ruhe dem zuhören, was in nächster Hör- und Sichtweite geboten war, würde ich sagen!

Das Konzert von Bavaschoro ging zu Ende, und wie bei der Langen Nacht der Musik bot sich nun die Gelegenheit, zu einer anderen Spielstätte bzw. zum nächsten Programmpunkt weiter zu ziehen.

Und so lernte ich an diesem Tag erstmals das Werk 7-Theater kennen, das deutlich tiefer als das Hochplateau mit dem orangenen Pfanni- und Imbiss-Zentrum und dem Teamtheater/Parkhochhaus- Komplex liegt und über ein paar Treppenstufen oder eine schräg geneigte Rampe zu erreichen ist.  

Früher war das Gebäude eine Fertigungshalle, und seinen Industrie-Charakter kann es bis heute nicht verleugnen: ein niedriger, aber langgestreckter Bau aus dunkelrotem Backstein, an dessen Längsseite man entlang gehen muss, um zum Eingangs- und Kassenbereich zu gelangen. Der Innenraum der ehemaligen Werkshalle hat allerdings nichts Industrielles mehr an sich. Wie in einem Amphitheater sind die bequemen dunkelblauen Polstersessel im Zuschauerraum in sich nach unten verjüngenden, stufenförmig angelegten Halbkreisen angeordnet, so dass die Zuschauerinnen und Zuschauer von jeder Reihe aus die kleine Bühne auf dem Tiefplateau an der Stirnseite des Raumes gut im Blick haben. 

Hier trat als nächster Live-Act das Trio Café Voyage auf, das sich den Rhythmen des Latin Jazz verschrieben hat und in deutscher Sprache eigene Texte singt und spielt. Es besteht aus einem Gitarristen und Leadsänger, der in mir den Eindruck erweckte, als fühle er sich an diesem Ort und gegenüber einem ständig wechselnden Publikum fehl am Platze, mache aber gute Miene zu dem für ihn nicht wirlich begeisternden Spiel.

Der Mann am Schlagzeug wiederum schien sich über seinen Auftritt zu freuen und sorgte mit seinen beiden Jazzbesen für ein zügiges Tempo und den im Latin Jazz nötigen Drive und Pep, vereint mit federnder, schwebender Leichtigkeit.

Eine in jeder Hinsicht positive Überraschung aber war für mich die junge Cellistin. An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass ich von Natur aus den weichen, tiefen, runden Klang des Cellos jenem der Geige vorziehe, ihn aber schon lange nicht mehr solo gehört habe. Allerdings bedarf es wie bei der Geige jahrelanger Übung, bis man mit seinem Bogen jenen besonderen Klang des Cellos hervorbringt und auf seinen Saiten nicht etwa kratzt und krächzt.

Doch diese junge Frau brachte mit ihrem präzisen, federleichten Bogenstrich ihr Cello förmlich zum Singen, sorgte für einen wundervoll reinen und weichen Klang und verstand obendrein auch noch viel von lebendigen Rhythmen. Ihr war anzuhören, dass sie ursprünglich der Klassik-Welt entstammte, aber im Latin Jazz das Medium gefunden hatte, in dem sie ihr Können frei und unbeschwert unter Beweis stellen konnte...

Nur zu rasch verging auch diese halbe Konzertstunde, und für mich war es Zeit, den bequemen blauen Polstersessel zu verlassen und zur nächsten Spielstätte weiterzuwandern... Das dachte ich zumindest, doch leider stellte sich nur zu bald heraus, dass es besser gewesen wäre, wenn ich im Werk 7-Theater geblieben wäre und den nächsten Live-Gig abgewartet hätte...

Denn zum einen hatte sich mit dem nächsten Spielort, dem Technikum, niemand die Mühe gemacht, es einzurichten oder zumindest etwas ansprechender herzurichten. Es war nichts als eine kahle, spartanische Lagerhalle mit einem Podium an der Stirnseite und einer kleinen Getränke-Anrichte an einer der Längsseiten, in der sowohl die Musiker als auch ihre Zuschauerinnen und Zuschauer im leeren, wenn auch von gleißendem Scheinwerferlicht erfüllten Raum standen und irgendwie verloren wirkten.

Die Band, die nun mit ihrem Gig an der Reihe war, hätte ein Trio sein sollen: eine Leadsängerin und Keyboarderin aus London, ein Gitarrist aus San Francisco und ein deutscher Schlagzeuger, die einander in Stuttgart kennengelernt und sich zusammengetan hatten. 

Doch genau am Tag ihres gemeinsamen Auftritts in München war der Schlagzeuger so akut und heftig erkrankt, dass er ausfiel; und die Sängerin musste am Keyboard ihre Rhythmus-Loops selbst einstellen, spielen und singen, praktisch den Gig alleine stemmen.

Denn der Gitarrist aus San Francisco war ihr ganz und gar keine Hilfe, im Gegenteil! Zuerst fummelte er ewig mit dem Kabel seiner E-Gitarre und dem Anschluss an der Lautsprecherbox herum, ohne dass von der Gitarre viel zu hören war. (Ich dachte, Musiker führen vor ihrem Auftritt grundsätzlich immer einen Soundcheck durch?!) 

Da entweder an der Lautsprecherbox oder an seiner Gitarre etwas nicht stimmte, klampfte er recht lustlos vor sich hin; und die junge Bandleaderin musste versuchen, mit ihrer (hervorragenden) Stimme und ihrer Keyboard-Begleitung den Gig ganz alleine herauszureißen. Von "harmonisch aufeinander abgestimmt" und "spielfreudig und gut aufgelegt" konnte beim Gitarristen kaum die Rede sein, während sie sich wirklich und redlich abmühte! Keine Ahnung, was vorher hinter den Kulissen zwischen ihnen gelaufen war oder auf der Bühne nicht gestimmt hatte...

Reichlich irritiert und frustriert von diesem seltsamen Auftritt zog ich von dannen, sprich, zu dem Fisch- und Tapas-Restaurant La Tasca Flamenca am Ende der Atelierstraße kurz vor dem Riesenrad hinunter, um mir dort etwas zum Abendessen zu suchen. 

Eine ordentliche Portion frisch gegrilltes Gemüse, ein Stück vom warmen würzigen Kartoffelkuchen und hinterher eine Crema catalana, wie sie sich gehörte, sorgten dafür, dass sich meine Stimmung bald wieder hob, so dass ich einen zweiten Anlauf im Festgelände wagte. Immerhin war der Abend noch jung!

Allein die hellgelb gestrichene Fassade und der verschnörkelte, baldachinartige Vorbau mit dem unverkennbaren Pfanni-Logo und der Aufschrift Willkommen in der Nachtkantine hatte etwas Anheimelndes, so dass ich die Stufen zum Eingang ins Innere des Gebäudes emporstieg. Einen kleinen Biergarten mit ein paar runden Tischen und Stühlen gab es auch, doch dort hätte man von der Musik, die drinnen gespielt wurde, nicht viel gehört.

Zwischen der Nachtkantine und dem Technikum lagen Welten, sowohl in der äußeren als auch der inneren Aufmachung. Denn während man sich bisher nicht die geringste Mühe gegeben hat, die spartanische Lagerhalle ansprechend einzurichten, war der Innenraum der Nachtkantine, zumindest der Parkettboden und die Bühne mit dunklem Holz verschalt, und es gab im Vordergrund ausreichend Stühle, die zu aufgefächerten Sitzreihen gruppiert waren, und dahinter ein paar runde Café-Tische, je nachdem, ob man nur Musik hören oder dazu auch etwas trinken wollte.

Und was ich hier von der Bühne der Nachtkantine zu hören bekam, ließ mir im positiven Sinn schier die Ohren herunterfallen. Denn der Roma-Gitarrist Sébastien Kauffmann, sein Sekundant Benji Winterstein, der Kontrabassist Antoine Godey und die Sängerin Heidi Adel sind nicht nur allesamt Profis, sondern auch eine Klasse für sich. Sie haben sich dem Gipsy Jazz bzw. Jazz Manouche im Stil von Django Reinhardt verschrieben.

Und als Sébastien Kauffmann und Benji Winterstein mit ihren Gitarren loslegten, gaben sie vom Anfang bis zum Ende Vollgas. Weiß Gott, ich glaube, selst ein As an der E-Gitarre oder ein Flamenco-Gitarrist bekommt seine Läufe und Rhythmen nicht mit dieser irrwitzigen Geschwindigkeit und Virtuosität und jenem ganz besonderen Schwung hin, die Roma-Musikern zu eigen ist!

Antoine Godey wiederum steuerte nicht nur halsbrecherische Synkopen an seinem Kontrabass bei, sondern war obendrein noch fähig, zu seinem Spiel eine Art "Perkussion-Begleitung" zu sprechsingen, in Tonsilben, die teils keinen Sinn, teils Unsinn ergeben, aber für eine zusätzliche rhythmische Stütze sorgen.

Und Heidi Adel? Ihre samtweiche, tiefe, volltönende Stimme lässt sich am ehesten mit jener von Roberta Flack oder Nina Simone vergleichen. Dabei hat ihre Stimme aber nicht jene unverkennbare "schwarze" Klangfarbe, sondern eine, die irgendwie noch älter und tiefgründiger zu klingen scheint, mit einem Unterton von Fülle und Leid, übersprudelndem Temperament und nachtdunkler Klage zugleich. Ein Klang, der einzigartig und schwer zu beschreiben, in Worten kaum und nur unzulänglich zu vermitteln ist....

Danach kehrte ich noch einmal ins Werk 7-Theater zurück, wo als vorletzte Gruppe dieses Abends Uusikuu auf dem Programm stand, ein Quintett aus Finnland, bestehend aus einer Sängerin, einem Geiger, einem Akkordeonisten, einem Kontrabassisten und einem Schlagzeuger.

Woher haben die Finnen von jenseits des Polarkreises diese Glut und dabei diese Beweglichkeit, ja Geschmeidigkeit in ihrer Stimme und ihrem Spiel, das sie als eines der wenigen Völker in Europa für den Tango Argentino geradezu prädestiniert?

Wie die Stimme der Solo-Sängerin Laura Ryhänen und die Instrumente ihrer Mitstreiter sich federleicht und schwerelos aus unermesslichen Tiefen emporwanden, wie sie sich schmiegten und schlängelten!

Neben dem Tango kennen die Finnen eine Tanzmusik, getragen von Geige, Kontrabass, Akkkordeon und Schlagzeug, deren Melodien und Rhythmen eher an die ungarische Puszta als an die Wälder und Seen Finnlands erinnern. Woher haben sie diesen ganz speziellen Rhythmus, den Schmelz ihres Gesangs und ihres Geigenspiels, die mal schleichenden, mal abrupten Tempiwechsel, die eher an Csardas-Melodien denn an Nordlichter und Polarnächte erinnern?

Es heißt, dass die finnische Sprache mit keiner anderen Sprache des europäischen Kontinents als mit der ungarischen verwandt ist. Liegt es eventuell daran, dass sowohl die Finnen als auch die Ungarn vor langer Zeit Nomadenstämme aus der Mongolei waren, die nach Europa herübergewandert sind und sich dort voneinander getrennt haben, sprich, die einen im Osten Europas rund um den Balaton geblieben und die anderen in den hohen Norden hinauf gezogen sind, weshalb auch immer?

Dann könnten beide um ein paar Ecken mit den heute noch nomadisch lebenden Sami verwandt sein, die ursprünglich auch aus der Mongolei stammen und vom Urgrund der Musik und den Elementen, die sie speisen, eine Menge verstehen...

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23.09.2023 - Der "Corso Leopold"
Um die Luftqualität in der Münchner Innenstadt zu verbessern und den Ausstoß an Feinstaub zu reduzieren, haben seit Beginn der 2000er Jahre die Münchner Stadträte an vier Wochenenden im Jahr die Fußgängerzone um die Ludwigstraße und die Leopoldstraße erweitert; und um beide Straßenzüge nicht in leere Geistermeilen zu verwandeln, in denen sich nichts rührte, fand an diesen Wochenenden immer das "Streetlife Festival" statt, mit Buden, Ständen, Biertischen und -bänken sowie Spaß, Spiel und jede Menge Musik auf mindestens vier Live-Bühnen im Freien, das von der Feldherrnhalle am Odeonsplatz bis hinunter zur Münchner Freiheit ging. Leider hat die breite Öffentlichkeit nicht mitbekommen, wie es kam, dass das "Streetlife Festival" nicht mehr so heißen darf, auch wenn es sich heute wieder fast in derselben Gestalt präsentiert wie in den Jahren vor der großen Zäsur; jetzt heißt es "Zamanand". Eine Woche vor Beginn des Oktoberfestes hat sich heuer der Teil des Festes selbstständig gemacht, der vom Siegestor bis zur Münchner Freiheit reicht, und nennt sich nun in Anlehnung an den Karneval in Rom, der auf dem Corso Vittorio Emanuele stattfindet, "Corso Leopold". Ich muss sagen: Den wuchtigen weißen Marmorbogen des Siegestors und die hohen grazilen Pappeln, welche die vierspurige Leopoldstraße auf beiden Seiten bis zur Münchner Freiheit säumen, unter dem tiefblauen Himmel des Spätsommers zu sehen, und diesen imposanten Straßenzug ohne den Lärm und die Abgase des Autoverkehrs in aller Ruhe und Gemütlichkeit hinunterschlendern zu können, hat etwas! In dieser Umgebung könnte man wirklich meinen, in der nördlichsten Stadt Italiens jenseits der Alpen unterwegs zu sein...


Der "Corso Leopold"


Um die Luftqualität in der Münchner Innenstadt zu verbessern und den Ausstoß an Feinstaub zu reduzieren, haben seit Beginn der 2000er Jahre die Münchner Stadträte an vier Wochenenden im Jahr die Fußgängerzone um die Ludwigstraße und die Leopoldstraße erweitert; und um beide Straßenzüge nicht in leere Geistermeilen zu verwandeln, in denen sich nichts rührte, fand an diesen Wochenenden immer das Streetlife Festival statt, mit Buden, Ständen, Biertischen und
-bänken sowie Spaß, Spiel und Musik auf mindestens vier Live-Bühnen im Freien, das von der Feldherrnhalle am Odeonsplatz bis hinunter zur Münchner Freiheit ging.

Leider hat die breite Öffentlichkeit nicht mitbekommen, wie es kam, dass das Streetlife Festival nicht mehr so heißen darf, auch wenn es sich heute wieder fast in derselben Gestalt präsentiert wie in den Jahren vor der großen Zäsur; jetzt heißt es Zamanand

Eine Woche vor Beginn des Oktoberfestes hat sich heuer der Teil des Festes selbstständig gemacht, der vom Siegestor bis zur Münchner Freiheit reicht, und nennt sich nun in Anlehnung an den Karneval in Rom, der auf dem Corso Vittorio Emanuele stattfindet, "Corso Leopold".

Ich muss sagen: Den wuchtigen weißen Marmorbogen des Siegestors und die hohen grazilen Pappeln, welche die vierspurige Leopoldstraße auf beiden Seiten bis zur Münchner Freiheit  säumen, unter dem tiefblauen Himmel des Spätsommers zu sehen, und diesen imposanten Straßenzug ohne den Lärm und die Abgase des Autoverkehrs in aller Ruhe und Gemütlichkeit hinunterschlendern zu können, hat etwas! In dieser Umgebung könnte man wirklich meinen, in der nördlichsten Stadt Italiens jenseits der Alpen unterwegs zu sein...

Auf der ersten Live-Bühne, die direkt vor dem Bogen des Siegestors aufgebaut war, gab es Jazz und Swing der 1920er bis 1930er Jahre von einem vielversprechenden Geschwisterpaar aus der Schweiz, sprich, von einem jungen Mann an der Trompete und seiner etwas jüngeren Schwester an der Klarinette, gestützt von Saxophon, Kontrabass und Schlagzeug.  Von wegen, Schweizer seien langsam und behäbig! Der junge Solist brachte seine Trompete zum Sprudeln und Überschäumen, und seine Schwester ließ ihre Klarinette kichern und quieken, dass die Swing-Combo alle Hände voll zu tun hatte, um bei ihrem Tempo und Schwung mitzuhalten!

Auch mein Herz tanzte und hüpfte im Swing-Rhythmus mit, und ich sagte mir, dass sich mir jetzt und hier endlich wieder das München zeigte, wie ich es seit so vielen Jahren gekannt habe: weltoffen, lässig, bunt und lebensvoll. 

Nach einer Bude mit Brutzeleien aus dem Maghreb und einer weiteren mit Langos aus Ungarn, jene flachen Hefefladen mit ihrem leicht gewölbten Rand, die zwar mit köstlichem Inhalt gefülllt sind, sich aber nur schwer essen lassen, ohne dass man dabei eine Riesenschweinerei anrichtet (was übrigens auch für Burritos und Enchiladas gilt, wenn man sie im Stehen und Gehen isst), wurde das Tanzen und Hüpfen sogar wörtlich genommen:

Auf der nächsten Live-Bühne, die auf Höhe der Universitätsbibliothek stand, zeigte ein Pärchen die ersten Grundschritte des Mambo, Rumba und Salsa. Wer wollte, konnte spontan mitmachen, auch ohne Partner; und es gab etliche Münchnerinnen und Münchner, darunter auch meinereine, die ein paar Schritte wagten. 

Die Tanzschritte des Paares auf der Bühne sahen schwungvolll und elegant aus, aber ich glaube, bei mir eher wie die erste Tanzstunde für Elefanten... Nun ja, wie lange hatte ich, hatten wir alle nicht mehr Grund und Anlass, auf offener Straße zu tanzen oder uns auch nur zur Musik zu bewegen?

Nur zwei Querstraßen weiter ging es nicht weniger rhythmisch zu. Ein in der Münchner Open Air- Szene recht bekannter Sänger und Entertainer, der fast immer bei Straßenfesten auftaucht, sang den Deifetanz-Kasatschok von Sebastian Horn und Gerd Baumann, auch bekannt als Dreiviertelblut:

    "Wannst mim Deife tanzt,
    wannst mim Deife tanzt,
    wannst Du mim Deife tanzt,
    brauchst guade Schuah...
"

Anderswo wurden Breakdance-Turniere ausgetragen, nur auf einer schwarz-weiß karierten Decke und mit der entsprechenden Musik aus dem Ghettoblaster...

Und noch etwas Wesentliches war zurückgekehrt, das seit jeher zum Sommer in München gehört hat: Von der U-Bahn-Station Giselastraße bis kurz vor der Münchner Freiheit hatten sich beide Seiten der Leopoldstraße in eine Freiluft-Kunstgalerie verwandelt, denn Schwabings Graphiker, Maler, Glasbläser und sonstige Künstler hatten ihre Werke auf dem Grünstreifen parallel zum Gehsteig ausgebreitet. (Hier bezahlt man für handgemachte Kunst erheblich weniger als in einer offiziellen Galerie der Theatiner- und Maximilianstraße oder der Fünf Höfe, wie ich festgestellt habe.)

Ja, an einem kleinen Stand war an diesem Wochenende sogar das Hanf frei! Da ich alllerdings nicht absehen konnte, was mit mir passieren und wie ich mich benehmen würde, wenn ich mir gleich eine ganze Flasche Hanfbier einverleibte, begnügte ich mich mit zwei kleinen bescheidenen Lollies am Stiel, um dies zu feiern.

Es war auch jederzeit möglich, aus der Buden- und Stände-Meile auszuscheren, sich in einem der vielen Straßencafés niederzulassen und den Strom der Flaneure an sich vorüberziehen zu lassen, was ich mit einem Virgin Mojito und einem Eiskaffee dann auch tat. 

Ich hätte auch jederzeit eine Shisha haben können, denn fast bei jedem Café sah man mindestens einen oder zwei Tische, neben dem der vasenähnliche Behälter einer Wasserpfeife stand, aus dem ein Saugrohr ragte, an dem gerade jemand zuzelte. Es gab weder Dampf noch Qualm, doch der Duft von Pfirsich und Vanille hing fast über der ganzen Leopoldstraße in der Luft.

Der Anblick und die Handhabung der Shisha, auch der Duft des Tabaks, der dafür verwendet wird, hat mich als eingefleischte Nichtraucherin seit jeher angezogen; beides hat in meinen Augen ein nicht alltägliches Flair... 

Doch die Pfirsich- und Vanilleschwaden, die vom Nachbartisch zu mir herübergeweht kamen, benebelten mir das Hirn schon genug, so dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit auf meinem Stuhl eingeschlafen wäre, wenn ich ausgerechnet hier und heute damit angefangen hätte.

Und im Grunde reichten mir ein Cocktail und ein Eiskaffee, ein paar Musikfetzen von den Live-Bühnen um mich herum und das Flair der Leopoldstraße an einem warmen Sommertag, um rundum und wunschlos glücklich zu sein!
 



23.09.2023 - Mittelalterfest beim Kloster Fürstenfeld
An meinen Artikelreigen schließt sich ein Fest an, von dem ich bereits bei einem früheren Besuch im Kloster Fürstenfeld Notiz genommen hatte. Seit der Jahrtausendwende sind die Mittelalterfeste und -turniere eine Zeitlang in Vergessenheit geraten, haben aber gerade in diesem Jahr in der Zeit des Übergangs vom Sommer in den Herbst wieder aufzuleben begonnen. Auch im Freigelände meiner Lieblings-Pilgerstätte Kloster Fürstenfeld war es an einem Wochenende Ende August soweit. Doch mein Tag dort draußen begann mit einer gehörigen Verwirrung und Irritation. Früher war es Brauch, dass die fahrenden Händler, die Leute an den Grillrosten und Steinöfen wie auch die Gaukler und Rittersleute sowohl vor dem Stadtsaalhof und dem Veranstaltungsforum "Fürstenfelder" als auch dahinter, d.h. auf der weitläufigen Wiese am Amperkanal ihre Zelte aufschlugen; doch im ganzen riesigen Areal des Klosterhofs herrschte Stille und gähnende Leere. Mein erster Gedanke war, dass die Veranstalter das Mittelalterfest wegen des unbeständigen Wetters und der Warnungen des Wetterdienstes vor Unwettern und Starkregen am Wochenende abgesagt hatten. Doch nun war ich einmal von der S-Bahn-Station Fürstenfeldbruck bis hierher gelaufen und beschloss, wenigstens im Klosterstüberl ein Weißbier, eine Suppe mit Einlage und hinterher einen der legendären Windbeutel zu genießen, wenn sich mir sonst nichts anderes bot. Als ich mir im Wirtsgarten am Amperkanal mein Mittagessen nebst Windbeutel munden ließ, bemerkte ich, dass jenseits des Kanals und des Wirtsgartens, wo sich die Klosterwiese und der Barockgarten erstreckt, an einer Reihe einfacher Blockhütten eine Schlange von Menschen anstand. Ich fragte die Kellnerin, die mich bediente, ob das Mittelalterfest nun doch stattfände, und sie bejahte. Also ging ich nach dem Genuss und Bezahlen zu der äußeren Umfriedung des Klosterareals hinüber, die parallel zur Kreisstraße nach Fürstenfeldbruck verläuft; und wie sich herausstellte, gehörten die Blockhütten wirklich zum Eingangsbereich des Mittelalterfestes, in dem man seine Eintrittskarte und einen Stempel auf den Handrücken zum Wiedereintritt in das Festgelände bekam.


II. Mittelalterfest beim Kloster Fürstenfeld
 

An meinen Artikelreigen schließt sich ein Fest an, von dem ich bereits bei einem früheren Besuch im Kloster Fürstenfeld Notiz genommen hatte. Seit der Jahrtausendwende sind die Mittelalterfeste und -turniere eine Zeitlang in Vergessenheit geraten, haben aber gerade in diesem Jahr in der Zeit des Übergangs vom Sommer in den Herbst wieder aufzuleben begonnen. Auch im Freigelände meiner Lieblings-Pilgerstätte Kloster Fürstenfeld war es an einem Wochenende Ende August soweit.

Doch mein Tag dort draußen begann mit einer gehörigen Verwirrung und Irritation. Früher war es Brauch, dass die fahrenden Händler, die Leute an den Grillrosten und Steinöfen wie auch die Gaukler und Rittersleute sowohl vor dem Stadtsaalhof und dem Veranstaltungsforum Fürstenfelder als auch dahinter, d.h. auf der weitläufigen Wiese am Amperkanal ihre Zelte aufschlugen; doch im ganzen riesigen Areal des Klosterhofs herrschte Stille und gähnende Leere.

Mein erster Gedanke war, dass die Veranstalter das Mittelalterfest wegen des unbeständigen Wetters und der Warnungen des Wetterdienstes vor Unwettern und Starkregen am Wochenende abgesagt hatten. Doch nun war ich einmal von der S-Bahn-Station Fürstenfeldbruck bis hierher gelaufen und beschloss, wenigstens im Klosterstüberl ein Weißbier, eine Suppe mit Einlage und hinterher einen der legendären Windbeutel zu genießen, wenn sich mir sonst nichts anderes bot.

Als ich mir im Wirtsgarten am Amperkanal mein Mittagessen nebst Windbeutel munden ließ, bemerkte ich, dass jenseits des Kanals und des Wirtsgartens, wo sich die Klosterwiese und der Barockgarten erstreckt, an einer Reihe einfacher Blockhütten eine Schlange von Menschen anstand. Ich fragte die Kellnerin, die mich bediente, ob das Mittelalterfest nun doch stattfände, und sie bejahte.

Also ging ich nach dem Genuss und Bezahlen zu der äußeren Umfriedung des Klosterareals hinüber, die parallel zur Kreisstraße nach Fürstenfeldbruck verläuft; und wie sich herausstellte, gehörten die Blockhütten wirklich zum Eingangsbereich des Mittelalterfestes, in dem man seine Eintrittskarte und einen Stempel auf den Handrücken zum Wiedereintritt in das Festgelände bekam.

Unmittelbar danach begann der Weg rund um die Klosterwiese, auf der eine Reihe weißer Zeltplanen mit einfachen aber stabilen Holztischen und -stühlen darunter und Feuerstellen davor errichtet waren.

Der Rundweg führte zu einer Schmiede mit Esse, Amboss und Werkbank, auf der frisch gefertigte Nägel, Riegel und Messerklingen lagen; zu einem Zeltlager mit einem schwarzen Adler auf gelbem Grund (seiner Gestalt nach nicht der runde wohlgenährte aus dem Deutschen Bundestag, sondern der schlanke, gestreckte Adler vom Wappen der Habsburger, aus denen später die k.u.k. Donaumonarchie hervorging); zum Oval einer großen hölzernen Wanne, von Schilden mit germanischen Runen und warmen weichen Fellen umgeben, in der es sich ein paar Wikinger bei einem Bad gemütlich gemacht hatten; und zu einer offenen Zeltplane, unter der eine Frau in einem langen KIeid aus dunkelgrünem Leinen auf einem schlichten hölzernen Lehnstuhl saß und die Kunst des Spinnens am Rocken zeigte.

Nach diesen und anderen Impressionen aus dem Leben der fahrenden Ritter, Handwerker und Marketender begannen die Buden und Zelte des Marktes, der alles bot, was Rittersleute so brauchen, von Kettenhemden und Panzerwesten über lederne, mit Stahlnieten beschlagene Beingamaschen bis zu Schild und Schwert, Streitaxt und Morgenstern; und für angehende oder fortgeschrittene Schützen gab es Pfeile mit echten Stahlspitzen und dazu passenden Köchern, Langbögen und Armbrüste. 

In der hinteren Ecke einer großen überdachten Freischankfläche mit Biertischen und -bänken saß ein Schlagzeuger, und vor ihm standen drei Herren mit Dudelsäcken, nicht die bekannten schottischen Great Highland Pipes mit ihren großen karierten Beuteln, sondern die kleineren, einfacheren, aber für die Ohren weit erträglicheren Varianten mit kleinen schwarzen Lederbeuteln, die es im Mittelalter und bis in die Barockzeit hinein auch in Deutschland gab. 

Diese Vierer-Combo sorgte mit Tänzen und Weisen im Stil von Schandmaul und Corvus Corax für Stimmung, gute Laune und vor allem dafür, dass die Gäste auf ihren Bänken sitzen blieben, zuhörten und sich an Speis und Trank labten.

Denn das leibliche Wohl kam auf diesem Markt nicht zu kurz: neben Bier und den uns vertrauten Erfrischungsgetränken der Neuzeit gab es auch das Met der alten Germanen und selbstgebraute Fruchtliköre, neben Gegrilltem vom Spieß und Rost auch frittierte Zwiebelringe, gefüllte Dinkelfladen und Stockbrote. (Dass es im Mittelalter bereits Gebäck mit Hanf als besondere Zutat gab, möchte ich bezweifeln, denn früher hat man aus Hanf eher Seile gedreht, Fäden gesponnen und Kleidung gewebt. Um Getränke und Gebäck anzureichern, hat man eher Mohnsamen verwendet.)

Ein stilisertes Burgtor, gesäumt von zwei mächtigen grauen Wehrtürmen, kündigte an, dass um 16:00 Uhr und später um 20:00 Uhr ein Ritterturnier mit Lanze, Schwert und Schild stattfinden sollte, wofür man allerdings noch einmal 20 Euro extra bezahlen musste. Gut, dieser Preis war geringer als die niedrigste Kategorie bei den Kaltenberger Ritterfestspielen, wo die Preise heutzutage bei 35 Euro beginnen und bis zu 85 Euro gehen. Doch im Internet hatte es keinen Hinweis darauf gegeben, dass man nach dem Einlass ins Festgelände für das Ritterturnier noch einmal separat bezahlen musste! 

Und im Nachhinein bin ich froh, dass ich mir kein zusätzliches Ticket gekauft habe. Denn ab Mittag zogen immer schwerere und regenlastigere dunkelgraue Wolken heran, die sich tiefer und tiefer herabsenkten, je weiter der Nachmittag voranschritt. Doch immerhin hielt das Wetter noch bis etwa 15:30 Uhr. 

Aber dann, eine halbe Stunde vor dem angesetzten Beginn des Turniers, begann es nicht etwa leicht zu tröpfeln oder zu nieseln, sondern von einem Augenblick auf den nächsten wie aus Eimern zu schütten. Zwar gab es kein Gewitter oder gar Hagel, doch der Regen kam mit beträchtlicher Wucht fast in Strängen vom Himmel herab, so dass die Buden und Zelte bald förmlich davonschwammen.

In Windeseile suchten alle, die den Gebäudeflügeln des Klosters am nächsten standen, im Inneren des "Fürstenfelder", im Klosterstüberl und im kleinen KIosterladen gegenüber Unterschlupf; doch bald gab es für andere Flüchtende dort keinen Platz mehr.<

Zu denen, die zum Unterschlüpfen zu spät kamen, gehörte leider auch meine Wenigkeit, so dass ich mich mit einer großen Schar anderer Festbesucher an der Bushaltestelle postierte, bis der Regionalbus kam und uns alle, patschnass und durchgeweicht wie wir waren, zur S-Bahn-Station Fürstenfeldbruck brachte. Und dies war leider das jähe Ende des Mittelalterfestes!

Sowohl bei den Kaltenberger Ritterfestspielen als auch bei anderen Festen im Freien geschieht es gar nicht so selten, dass es irgendwann im Lauf des Tages zu regnen beginnt. Doch zwischen ein paar Regentropfen oder einem leisen Nieseln und einem monsunartigen Wolkenbruch, der nicht mehr aufhören will, besteht leider ein deutlicher, sicht- und spürbarer Unterschied...
 



09.06.2023 - Die Auferstehung meiner Lieblings-Pilgerstätte
Das Ende des Monats Mai ging in diesem Jahr mit dem Pfingstwochenende einher, dem Fest, mit dem wir Christen die Ausgießung des Heiligen Geistes an die Menschheit feiern, als Geschenk Jesu an alle, die an ihn glauben, damit sie nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt weiterhin mit ihm und seinem Vater im Himmel Gemeinschaft haben können. Und es war am Pfingstwochenende, als meine Lieblings-Pilgerstätte Kloster Fürstenfeld wieder zu ihrem vertrauten Leben erwacht ist: Im Areal zwischen den langgestreckten Gebäudetrakten des Klosters und zwischen Stadtsaalhof, Barockgarten und Amperkanal auf der abgelegenen Seite fanden in diesem Jahr wieder die Gartentage statt. Mit Freude und Genugtuung sah ich die vielen Stände mit den Kräutern, Sträuchern, Blumen und sonstigen Pflanzen. Und da waren auch wieder die ausgestellten Gartenmöbel und -lauben samt der dazu passenden Sitzpolster, den Decken und dem Geschirr. Auch die mannigfaltige Dekoware fehlte nicht: kleine Gartensäulen aus Porzellan, Kupfer oder Zinn, Pflanzschalen und -töpfe in jeglicher Größe und Farbe als passende Behausung für Kräuter oder Blumen, kleine Blumenampeln zum Aufhängen aus Holz oder Makramee, und an einem Stand eine Kunst, die fast in Vergessenheit geraten ist: der Scherenschnitt, die Kunst der Silhouette in klassischem Schwarz auf Weiß.


IV. Die Auferstehung meiner Lieblings-Pilgerstätte

Das Ende des Monats Mai ging in diesem Jahr mit dem Pfingstwochenende einher, dem Fest, mit dem wir Christen die Ausgießung des Heiligen Geistes an die Menschheit feiern, als Geschenk Jesu an alle, die an ihn glauben, damit sie nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt weiterhin mit ihm und seinem Vater im Himmel Gemeinschaft haben können.

Und es war am Pfingstwochenende, als meine Lieblings-Pilgerstätte Kloster Fürstenfeld wieder zu ihrem vertrauten Leben erwacht ist: Im Areal zwischen den langgestreckten Gebäudetrakten des Klosters und zwischen Stadtsaalhof, Barockgarten und Amperkanal auf der abgelegenen Seite fanden in diesem Jahr wieder die Gartentage statt.

Mit Freude und Genugtuung sah ich die vielen Stände mit den Kräutern, Sträuchern, Blumen und sonstigen Pflanzen. Und da waren auch wieder die ausgestellten Gartenmöbel und -lauben samt der dazu passenden Sitzpolster, den Decken und dem Geschirr.

Auch die mannigfaltige Dekoware fehlte nicht: kleine Gartensäulen aus Porzellan, Kupfer oder Zinn, Pflanzschalen und -töpfe in jeglicher Größe und Farbe als passende Behausung für Kräuter oder Blumen, kleine Blumenampeln zum Aufhängen aus Holz oder Makramee, und an einem Stand eine Kunst, die fast in Vergessenheit geraten ist: der Scherenschnitt, die Kunst der Silhouette in klassischem Schwarz auf Weiß.

Einst hat die Scherenschnitt-Künstlerin Lotte Reininger zwei kleine, aber vollständige Filme allein mit ihrer Schere und ein paar Bögen schwarzem und buntem Papier angefertigt: Papageno und Papagena aus Mozarts Zauberflöte und Die Abenteuer des Prinzen Achmed ,eine von Scheherazades Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht.

Beide Filme entstammen der Stummfilm-Ära, jenen Pioniertagen des Films, als auf der Leinwand nur bewegte Bilder in Schwarz und Weiß zu sehen waren, es aber weder Ton noch Sprache gab. Musik allerdings gab es als Begleitung zu den Bildern, meist von einem Pianisten am Klavier, wenn es ein großes Kino in einer Hauptstadt war, dann und wann auch von einem kleinen Kammerorchester.

Wenn man so will, hat Lotte Reininger Anfang der 1920er Jahre mit ihren Scherenschnitt-Filmen aus schwarzem und buntem Papier die Ära der Zeichentrickfilme vorweg genommen, in der nur zehn Jahre später Walt Disney zum führenden Mann und Herrscher über sein eigenes Filmimperium aufstieg.

Ich habe beide Filme vor etwa zwanzig Jahren im Gärtnerplatz-Theater gesehen, untermalt von einem Kammerorchester wie zu Stummfilmzeiten; und ich muss sagen, dass die zarten, vielfach gekringelten und verschnörkelten schwarzen Silhouetten auf zum Teil leuchtend farbigem Untergrund, zu denen nichts erklärt wird, einen ganz eigenen Zauber verströmen.

Die gaukelnden, schwingenden, tänzelnden schwarzen Schattenfiguren sprechen nicht, erläutern nichts, deuten die Handlung nur durch ihre Bewegungen und Gesten an wie in der Pantomime.
Genau dies lässt dem Geist und der Seele allen Raum der Welt für die eigene Deutung. So wie eine Kunst, die nur zeigt, aber nichts erklärt, dem Betrachter Raum für das gibt, was sie oder er an eigenen Reflexionen mitbringt.

Doch dies war nicht das einzige Erbauliche und Erfreuliche, das mich aufhorchen, innehalten und verweilen ließ.

Derzeit wird die Fassade der mächtigen Basilika des Klosters Fürstenfeld gereinigt, so dass sich ein Großteil der Vorderfront hinter Gerüsten, Umzäunungen und Bretterwänden verbirgt. Ich fand und finde den Anstrich der Fassade eigentlich rein und schön genug, so dass die Restaurierung nach meinem Empfinden noch gar nicht notwendig gewesen wäre; und es verstimmte mich ein wenig, dass von dem lichten, heiteren Weiß und Lindgrün der Vorderfront so gut wie nichts zu sehen war.

Nun gut, drinnen würde die frühere Pracht und Schönheit dieser gewaltigen, beeindruckenden Kathedrale doch hoffentlich noch voll erhalten geblieben sein!

Also betrat ich nach drei langen Jahren wieder das himmelhohe, lichte und luftige Kirchenschiff in Weiß, Altrosa und Gold, in dem sich die Gebrüder Cosmas Damian und Egid Quirin Asam mit Putten, Ranken- und Schnitzwerk, Vorsprüngen, Erkern, Nischen und Säulen ausgetobt haben wie sonst nur im Kloster Weltenburg, in der Asamkirche in der Sendlinger Straße und in der fürstbischöflichen Residenz von Würzburg.

Und da vorne, zur Linken und Rechten des lichtdurchfluteten Hauptaltars, waren wieder meine beiden "Gruselkabinette", die Reliquienschreine mit den Skeletten des Heiligen Clemens und des Heiligen Hyacinthus, und - wenn man sich vor den Stufen zum Hauptaltar umdrehte und zurückblickte - die riesige Orgel mit ihren silbernen Pfeifen über dem Hauptportal.

Als ich die Kathedrale von Kloster Fürstenfeld verließ, fiel mir ein Plakat ins Auge, das ich vorher nicht bemerkt hatte: Am 2. Juli 2023 um 16:00 Uhr wird hier in der Klosterkirche das Deutsche Requiem von Johannes Brahms mit Bach-Chor, Orchester und Orgel aufgeführt!

Endlich, nach drei Jahren des Verstummens, wird der Chor vereint mit den Instrumenten und diesem Monstrum von einer Orgel das Kirchenschiff erbrausen und erdröhnen lassen, dass die Säulen bis zum Kuppeldach hinauf erbeben und die Fülle und Tiefe des Raumklangs einen mitsamt der Kirchenbank in Grund und Boden presst und dann in einer kreisenden Spirale zum Himmel emporreißt...

Das lasse ich mir auf keinen Fall entgehen, auch zumal ich das Deutsche Requiem von Brahms noch nicht kenne!

Und zu meiner nicht geringeren Freude kehrt noch etwas anderes ins Kloster Fürstenfeld zurück, genau das, weswegen dem ich vor über zwanzig Jahren zum ersten Mal hierher gekommen bin: Am 25. und 26. August dieses Jahres wird es hier nach dreizehn Jahren wieder ein Mittelalterfest geben!

Mit anderen Worten, dann gibt es hier wieder die Kämpfe von Rittern mit Schwert, Streitaxt und Morgenstern; die Künste und Zungenfertigkeit von Gauklern und Akrobaten auf einer kleinen hölzernen Wanderbühne; die Reigentänze von Damen und Kavalieren in höfischen Gewändern aus schwerem Samt und Brokat; die fremdartig-schrägen und zugleich beruhigend-anheimelnden Klänge der Drehleier, der Schalmei, des A- und Krummhorns.

Und es wird wieder die Sprache der Schausteller und Marketender zu hören sein, die in ihren Ständen ihre Sensationen anpreisen:

"Was ist Euch genehm, holde Dame/werter Herr?"

"Fünf Silberlinge gebt, und seid bedankt..."

"Erhebt Euch von Euren Afterballen, und begrüßt die edlen Ritter mit Handgeklapper!"

 



09.06.2023 - Vesakh-Fest zu Ehren Buddhas
Es ist schon eine Weile her, seit ich nicht mehr im Westpark unterwegs gewesen bin. Im November letzten Jahres ging es mir nicht so gut; und als es mir ab Dezember wieder besser ging, hat das Wetter von Januar bis Ende April immer wieder für Platzregen und Regenböen gesorgt. Hinzu kommt, dass nach vierzig Jahren das schöne und weithin bekannte Wirtshaus am Rosengarten seine Betriebskosten nicht mehr decken kann und nicht mehr ausreichend Personal bekommt, um das riesige Gasthaus und die Terrassenfläche davor zu bewirtschaften.  Dass die einzige Gaststätte im westlichen Teil des Parks Mitte des Jahres schließen muss, noch dazu ein angesehenes und bei seinen Besucherinnen und Besuchern beliebtes, hinterlässt in mir einmal mehr einen schmerzhaften Stich und ohnmächtigen Groll darüber, dass man wieder einen über lange Jahre hinweg bewährten Betrieb sang- und klanglos hat auflaufen lassen. Doch als ich unlängst in meiner Leib- und Magenzeitung las, dass die buddhistische Gemeinde in München bzw. deren aktiv tätige Mitglieder nach drei Jahren Pause im ostasiatischen Ensemble das Vesakh-Fest feiern würde, gab es für mich sehr wohl einen Anlass, wieder einmal in den Westpark hinaus zu pilgern. Was den deutschstämmigen Bürgerinnen und Bürgern von München und dem Umland nicht so recht bewusst ist: Durch die gar nicht so wenigen Studenten, Universitätsdozenten und -professoren, Supermarktbesitzern und Gastronomen, die zum Großteil aus Thailand, Vietnam und China stammen, ein paar sogar vom Dach der Welt aus Nepal und Tibet, gibt es bei uns schon seit Jahrzehnten neben den katholischen, evangelischen, jüdischen und islamischen Gemeinden auch eine buddhistische; und an demselben 20. Mai 2023, an dem Ludwig von Bayern und Sophie-Alexandra Evekink öffentlich Hochzeit hielten, feierten die Buddhisten Münchens die Geburt und Erleuchtung Siddharta Gautama Buddhas und seinen Eingang ins Nirwana; und kein Ort in München könnte hierfür einen festlicheren Rahmen bieten als das ostasiatische Ensemble im Westpark.


III. Vesakh-Fest zu Ehren Buddhas

Es ist schon eine Weile her, seit ich nicht mehr im Westpark unterwegs gewesen bin. Im November letzten Jahres ging es mir nicht so gut; und als es mir ab Dezember wieder besser ging, hat das Wetter von Januar bis Ende April immer wieder für Platzregen und Regenböen gesorgt.

Hinzu kommt, dass nach vierzig Jahren das schöne und weithin bekannte Wirtshaus am Rosengarten seine Betriebskosten nicht mehr decken kann und nicht mehr ausreichend Personal bekommt, um das riesige Gasthaus und die Terrassenfläche davor zu bewirtschaften. Dass die einzige Gaststätte im westlichen Teil des Parks Mitte des Jahres schließen muss, noch dazu ein angesehenes und bei seinen Besucherinnen und Besuchern beliebtes, hinterlässt in mir einmal mehr einen schmerzhaften Stich und ohnmächtigen Groll darüber, dass man wieder einen über lange Jahre hinweg bewährten Betrieb sang- und klanglos hat auflaufen lassen.

Doch als ich unlängst in meiner Leib- und Magenzeitung las, dass die buddhistische Gemeinde in München bzw. deren aktiv tätige Mitglieder nach drei Jahren Pause im ostasiatischen Ensemble das Vesakh-Fest feiern würde, gab es für mich sehr wohl einen Anlass, wieder einmal in den Westpark hinaus zu pilgern.

Was den deutschstämmigen Bürgerinnen und Bürgern von München und dem Umland nicht so recht bewusst ist: Durch die gar nicht so wenigen Studenten, Universitätsdozenten und -professoren, Supermarktbesitzern und Gastronomen, die zum Großteil aus Thailand, Vietnam und China stammen, ein paar sogar vom Dach der Welt aus Nepal und Tibet, gibt es bei uns schon seit Jahrzehnten neben den katholischen, evangelischen, jüdischen und islamischen Gemeinden auch eine buddhistische; und an demselben 20. Mai 2023, an dem Ludwig von Bayern und Sophie-Alexandra Evekink öffentlich Hochzeit hielten, feierten die Buddhisten Münchens die Geburt und Erleuchtung Siddharta Gautama Buddhas und seinen Eingang ins Nirwana; und kein Ort in München könnte hierfür einen festlicheren Rahmen bieten als das ostasiatische Ensemble im Westpark.

In dem kleinen hölzernen Pavillon am Eingang zu dem stillen japanischen Meditationsgarten stand bzw. saß ein Mann in einem schlichten dunkelblauen Kimono und war bereit, die Besucherinnen und Besucher über den Sinn und Zweck eines solchen Gartens zu informieren:

In den warmen und ruhigen Sommermonaten ziehen die Japanerinnen und Japaner gerne ins Freie, um in einem Garten mit einem Teich, einem kleinen Wasserfall, der sich über ein paar Felsblöcke ergießt, immergrünen Büschen und Stauden und einer offenen Hütte die Teezeremonie nach der Urasenke-Schule abzuhalten; und das stille Wandeln und Verweilen im Meditationsgarten vor und nach der Teezeremonie lädt dazu ein, den Frieden und die Gelassenheit, die man gewonnen hat, noch eine Weile im Gemüt weiter wirken zu lassen.

Denn der Zen-Buddhismus, der bei der japanischen Bevölkerung einen großen Teil des Alltagslebens prägt, rückt einfache, konkrete und greifbare Handlungen in der gegenständlichen Welt - das Bereiten und Trinken von Tee; Ikebana, die Kunst, Blumen, Gräser und andere Pflanzen zu arrangieren und ihre Schönheit optimal zur Geltung zu bringen; Origami, die Kunst des Papierfaltens; und auch Sportarten wie Bogenschießen und Stockfechten - in die gesammelte, bewusste Fokussierung und Konzentration auf jeden einzelnen Schritt der Handlung, die sich bewusst, schweigend und in der Stille vollzieht.

Wenige Schritte vom japanischen Meditationsgarten entfernt liegt in einem kleinen kreisrunden Weiher die nicht sehr hohe, aber spektakuläre Thai-Sala: eine Pagode aus Holz mit einem nach allen Himmelsrichtungen in mehreren Stufen aufgefalteten Dach, dessen Schindeln von einem Meister seiner Kunst Platte für Platte ineinander gefügt wurden, während ein anderer die Stützsäulen, Dachschindeln und -stufen mit Gold und leuchtenden, kraftvollen Farben bemalt hat. Diese Pagode hütet eine aus dem Stamm eines einzigen Baumes geschnitzte Buddha-Statue, die im Gegensatz zur überbordenden Pracht der Pagode schlicht und bescheiden gestaltet ist.  So kann man die Bedeutung der Thai-Sala mit der eines gemeißelten und reich verzierten Schreins vergleichen, der die Gebeine eines Heiligen oder zumindest die Erinnerung an ihn birgt.

Als die Pagode samt der Statue fertiggestellt war, haben ihre Schöpfer den rund um die Thai-Sala ausgehobenen Wallgraben mit Wasser aufgefüllt, so dass sie keine Verbindung mehr zum "Festland" hat: Das Wundersame und Erhabene ist für uns Sterbliche zwar wahrnehmbar, aber nicht erreichbar.

Doch aus Anlass des Vesakh-Festes gab es diesmal einen kleinen quadratischen Ponton, über den drei Mönche des Gelbkutten-Ordens zu der Thai-Sala und der Statue gelangt sind, und über den all jene, die es wollten, kleine Blumensträuße, -kränze oder einzelne Blumen als Opfergaben zu Buddhas Füßen niederlegten, während die drei Mönche im Inneren der Pagode am Boden kauerten und Mantras rezitierten.

Auch die weit größere, etwas düster anmutende Nepal-Pagode, die oberhalb der Thai-Sala auf einem kleinen Hügel errichtet wurde und deren reich geschnitzte Außenfassade von den zentralen Gestalten des hinduistischen Schöpfungsmythos Mahabharata erzählt, erfüllte an jenem Samstag im Mai ihren eigentlichen Zweck: das Verrichten von Gebeten und Ablegen von Opfergaben, begleitet vom Klingeln der Zimbeln und Gebetsglöckchen und von Weihrauchschwaden zum Wohlgefallen Buddhas und seiner Inkarnationen in Gestalt vieler Göttinnen und Götter, von denen jede/r einzelne für eine bestimmte Eigenschaft Buddhas steht: Weisheit, Friedfertigkeit, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit etc.

Der chinesische Garten von Duft und Pracht wiederum, der einer Gartenanlage aus der Ming-Dynastie nachempfunden ist, huldigt huldigt keiner buddhistischen oder hinduistischen Gottheit oder Buddha selbst, sondern stellt nicht mehr und nicht weniger als den ewigen Kreislauf des Lebens und der Jahreszeiten dar: den Weg des Frühlings als einer Zeit des Beginns und des Aufbruchs; der offene, auf einer Plattform stehende Pavillon des Sommers, einem Hausboot nachempfunden, das seine Bahn auf dem großen Gelben Fluss bzw. Strom des Lebens zieht und seine ihm zugewiesene Aufgabe des Gestaltens und Erreichens von Zielen erfüllt; dann der stille und schattige Pavillon des Herbstes, von dem man auf den Frühling und Sommer zurückblickt, um Bilanz zu ziehen, was man daraus gemacht und welche Ernte man vorzuweisen hat; und am Ende der Weg des Winters an ein paar kleinen schlichten Bäumchen vorbei, die ihr Dasein in der Stille fristen; die Stille, in der unser Leben eines Tages endet.

Zwischen diesen bemerkenswerten Gebäuden, die den Betrachter - ein jedes auf seine eigene und einzigartige Weise - zum Nachsinnen und In-Sich-Gehen auffordern, waren an diesem Samstag im Mai gefühlt mehr Menschen als sonst unter dem ganzen Jahr unterwegs.

Denn außer den Gelbkutten-Mönchen, die sich in den einzelnen Pagoden zu Gebet und Meditation versammelt hatten, gab es noch Stände mit den Angeboten der buddhistischen Einrichtungen und Zentren in München, anderswo Tuschezeichnungen und -gemälde, und auch einen Stand mit kleinen aber köstlichen Proben der tibetischen Küche: Momo, kleine, mit Soja- und Bambussprossen gefüllte Taschen aus Brandteig in würzigem Spinat, und "Energiekugeln" aus Tsampa, geröstetem Gerstenmehl, das mit Buttertee verrührt und geknetet wird, dazu Mango-Lassi oder Tee.

Bescheiden im Hintergrund, wie es seit jeher seine Art ist, und zugleich stets und allgegenwärtig präsent, wachte unsichtbar der Geist des Schirmherrn über dieser Veranstaltung: Tenzin Gyatso,
der XIV. Dalai Lama, seit seinem vierzehnten Lebensjahr König ohne Land und zugleich geistliches Oberhaupt der Buddhisten in aller Welt, die ihn als Inkarnation Tschenresis verehren, Buddha in Gestalt des Gottes der Friedfertigkeit und Barmherzigkeit.

Unweit des chinesischen Gartens und dem Ausgang aus dem ostasiatischen Ensemble saß ein Mönch in einem dunkelblauen Kimono, der sich dem Weg der Shakuhachi verschrieben hat, dem Spiel auf der Flöte aus Schilfrohr. Auch das Flötenspiel ist eine weitere sicht- und hörbare Manifestation des Zen-Buddhismus. Allein das kontrollierte und zielbewusste Atmen beim Flötenspiel ist eine Form der Meditation, des Stillwerdens und der Fokussierung auf nichts anderes als den Atem, der in die Shakuhachi strömt, die Finger, die das Rohr umschlossen halten, und die ganz leise und langsame Melodie, die aus der Flöte erklingt.

Wie ich selbst zum Buddhismus stehe?

Dieser Lebensstil, der zu einem Großteil von der Entsagung und Enthaltung vom Weltlichen und von Übungen des Geistes und des Körpers bestimmt und von Disziplin und Strenge geprägt ist, wäre für meine Geistes- und Wesensart ein Korsett, in dem ich auf die Dauer nicht gedeihen könnte; dafür bin ich zu freiheitsliebend und zu sehr Individualistin.

Auch führt der Weg Buddhas letzten Endes zur Selbstauslöschung und -auflösung in ein strahlendes Nichts; und dies behagt meinem von der christlichen Geisteshaltung und -kultur geprägten Gemüt nicht, das auf die Unvergänglichkeit von Geist und Seele und die Beziehung zu Gott, Jesus Christus und dem Heiligen Geist ausgerichtet ist; sprich, auf die Beziehung zu einem Gegenüber in Gestalt einer zwar unsichtbaren und unhörbaren, aber sich im Leben zuweilend spürbar und bemerkbar machenden dreieinigen Gottes.

Doch es lässt sich nicht bestreiten, dass sich die Menschen, die dem Weg des Buddhismus folgen, sich in der Regel durch Friedfertigkeit und ein sanftes, ruhiges Wesen auszeichnen, so dass ich solchen Menschen stets mit Achtung und Respekt begegne.