Sehr viel aus recht wenig - Der Haferkater im Pasinger Bahnhof
Es war Anfang Februar 2020, kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie und ihrer Auswirkungen auf unser aller Leben, als ich den Haferkater, der im linken Seitenflügel des Pasinger Bahnhofsgebäudes untergebracht ist, erstmals in einem meiner Artikel lobend erwähnte.
Man könnte meinen, ein nur mit Wasser und einer Prise Salz zubereiteter Haferbrei, der auf kleiner Flamme unter ständigem Rühren leise vor sich hin köchelt, hätte in einer Großstadt wie München mit ihrem weit gefächerten kulinarischen Angebot kaum Überlebenschancen.
Doch wie wir alle wissen, haben sich die Zeiten seit Ende Februar 2020 drastisch und dramatisch geändert. Die langen, zermürbenden Monate im Lockdown haben vor allem die Gastronomiebetriebe überlebt, die ihr Angebot auf Liefer- und/oder Abholservice umstellten.
Und genau das hat beim Haferkater von Anfang an funktioniert, denn die Porridge-Portionen wie auch die Tee- und Kaffeegetränke konnte man jederzeit im Bistro bestellen und sofort mitnehmen. Und was könnte weniger kosten und ergiebiger herüberkommen als Hafer, der in Wasser gedünstet wird, dabei aufquillt und bis zum Ende der Kochzeit sein Volumen gut um das Dreifache ausdehnt? Hinzu kommt, dass Hafer einer der größten Energielieferanten ist, der es jederzeit mit einer Tasse Kaffee aufnehmen kann, obendrein gesund und extrem kalorienarm.
Doch die I-Tüpfelchen auf dem Porridge waren seit jeher die kleinen Extras, die dazu gehörten: verschiedene Beeren aus dem Garten oder Wald...eine Auswahl an Kernen und kleingehackten Nüssen....Puffmais oder -reis (natürlich nach dem Puffen)....oder, wenn es ein besonderer Kick sein soll, ein zerkleinertes Stück Ziegenkäse oder ein paar zerbröckelte Granola-Kekse.
Und dann lebt der Porridge nicht nur von Wasser und Salz allein; abgeschmeckt wird er mit Honig oder Stevia oder Apfelmus oder Ahornsirup.
So hat sich der Haferkater binnen kurzer Zeit im Areal des Pasinger Bahnhofs zu einem kleinen aber gefragten Café-Bistro entwickelt, dem eine kleine aber treue Schar von Kunden - darunter auch meinereine - die Treue hält.
Eine Besonderheit sollte ich unbedingt noch erwähnen: Meines Wissens ist der Haferkater das einzige Café in ganz München, das Matcha- oder Detox-Tee nach den Regeln der japanischen Teezeremonie zubereitet.
Sprich, das Teepulver wird nach dem Aufbrühen mit einem kleinen Bambusbesen schaumig geschlagen, mindestens dreimal von einer Tasse in die andere geschwenkt und bei jedem Umfüllen erneut mit dem Bambusbesen schaumig geschlagen, bis sich das gesamte Teepulver in Schaum verwandelt hat.
Von den Gästen wird nicht verlangt, dass sie den Tee mit einer leichten Verneigung im Lotussitz in Empfang nehmen; doch dieser Tee will mit Ruhe und Bedacht Schluck um Schluck genossen werden, denn die Art der Zubereitung sorgt beim Trinken für eine einzigartige Konsistenz und einen unvergleichlich runden und milden Geschmack.
Wobei ich finde, dass Tee an sich schon auf Grund der Zubereitung ein “entschleunigendes Element” innewohnt. Denn selbst ohne Zeremonie braucht jeder Tee Zeit, um zu ziehen; und durch das Aufbrühen mit siedendem Wasser ist er heißer als Kaffee, so dass man ihn nicht schnell trinken kann.
Während Kaffee für mich einem Energiestoß gleichkommt und in meinem Alltag hauptsächlich mit Arbeit und Präsent-Sein verbunden ist, ist die Teestunde eher die Zeit des Loslassens und Zur-Ruhe-Kommens...