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Blog

Weggefährten

Von jenen, die mich in meiner Entwicklung am stärksten geprägt haben, möchte ich in meinen Beiträgen erzählen...



Vorwort zu meinem Blog-Bereich „Weggefährten“

Es gibt Neues von mir! Zwischen dem 16. und 31. Dezember 2019 ist mein neues Buch „Weggefährten – Eine kleine Dankmusik“ erschienen, dessen Kapitel zugleich die Beiträge dieses Blog-Bereiches sind.

„Weggefährten“ entspringt einem ähnlichen Bedürfnis wie mein Vorgängerwerk „EUROPRISMA – Meine Seelenreisen“, nur möchte ich diesmal nicht Städten und Ländern danken, in denen ich zu Gast war. Diesmal geht es mir um Persönlichkeiten und Phänomene des 20. Jahrhunderts – einige gehen noch ein bisschen weiter zurück -, die mich zu der gemacht haben, die ich heute bin.

Natürlich kann man sagen: Was man wird und was man aus sich und seinem Leben macht, liegt in der eigenen Verantwortung. Gewiss. Doch zur geistig-seelischen Entwicklung eines Menschen gehören ebenso inspirierende oder gar entscheidende Anstöße und Impulse von außen.

Von jenen, die mich in meiner Entwicklung am stärksten geprägt haben, möchte ich in meinen Beiträgen erzählen und würde mich freuen, wenn auch IIhr mit einsteigen und von euren entscheiden-den Impulsgebern oder Wegweisern erzählen würdet.


30.10.2025 - Der Mahner am Ende des Bahnsteigs
Ein einziges Mal in meinem Leben habe ich eine seltsame Gestalt gesehen, und nicht nur ich, sondern auch die Schwester einer Freundin aus meiner Studienzeit, die über ein verlängertes Wochenende bei mir zu Besuch war.  Ihr Besuch fiel in meine ersten Jahre in und um München. Von 1989 bis 1996 habe ich in Puchheim gelebt, einem kleinen Vorort westlich von München unweit der Kreisstadt Fürstenfeldbruck, die ich bis heute hin und wieder aufsuche; meist wenn im weitläufigen Barockgarten des Zisterzienserklosters Fürstenfeld die Garten- und Mittelaltertage stattfinden oder die mächtige Basilika der Gebrüder Asam zu einem festlichen Konzert einlädt.  Langjährige Einheimische werden sich daran erinnern, dass die Anlage des S-Bahnhofs Puchheim zu dieser Zeit aus drei Bahnsteigen bestand: Ein Bahnsteig führte zu einem kleinen grünen Platz und Richtung Puchheim-Ort, der andere zum Busbahnhof und ins Ortszentrum, und mittendrin gab es einen Ausweich-Bahnsteig, der im Nichts begann und endete und auf beiden Seiten von Gleisen umgeben war. Nicht nur die S-Bahnen, die an den Bahnsteigen hielten, nutzten diese Gleise; manchmal rasten auch ICEs von und nach Kempten oder Züge der Schweizer Staatsbahn in einem Höllentempo am Bahnsteig vorbei. Noch heute warnt die DB-Leitstelle die Passagiere, die auf dem Bahnsteig stehen und auf ihre S-Bahn warten, über die Lautsprecher: "Achtung Fahrgäste! Vorsicht am Gleis! Ein Zug fährt durch!" Es war an einem Freitag kurz nach 22:00 Uhr, als mein Gast und ich nach unserem ausgiebigen Einkaufsbummel mit anschließendem Abendessen mit der S-Bahn den Bahnhof Puchheim erreichten und ausstiegen.  Ich wollte zu der Treppe gehen, die uns ins Ortszentrum und schließlich zu meinem Domizil führen würde, das etwa fünfzehn Gehminuten vom Bahnhof entfernt lag, als sie mitten im Satz inne hielt und stehen blieb.


Der Mahner am Ende des Bahnsteigs


Ein einziges Mal in meinem Leben habe ich eine seltsame Gestalt gesehen, und nicht nur ich, sondern auch die Schwester einer Freundin aus meiner Studienzeit, die über ein verlängertes Wochenende bei mir zu Besuch war. 
Ihr Besuch fiel in meine ersten Jahre in und um München.

Von 1989 bis 1996 habe ich in Puchheim gelebt, einem kleinen Vorort westlich von München unweit der Kreisstadt Fürstenfeldbruck, die ich bis heute hin und wieder aufsuche; meist wenn im weitläufigen Barockgarten des Zisterzienserklosters Fürstenfeld die Garten- und Mittelaltertage stattfinden oder die mächtige Basilika der Gebrüder Asam zu einem festlichen Konzert einlädt. 

Langjährige Einheimische werden sich daran erinnern, dass die Anlage des S-Bahnhofs Puchheim zu dieser Zeit aus drei Bahnsteigen bestand: Ein Bahnsteig führte zu einem kleinen grünen Platz und Richtung Puchheim-Ort, der andere zum Busbahnhof und ins Ortszentrum, und mittendrin gab es einen Ausweich-Bahnsteig, der im Nichts begann und endete und auf beiden Seiten von Gleisen umgeben war.

Nicht nur die S-Bahnen, die an den Bahnsteigen hielten, nutzten diese Gleise; manchmal rasten auch ICEs von und nach Kempten oder Züge der Schweizer Staatsbahn in einem Höllentempo am Bahnsteig vorbei. Noch heute warnt die DB-Leitstelle die Passagiere, die auf dem Bahnsteig stehen und auf ihre S-Bahn warten, über die Lautsprecher: "Achtung Fahrgäste! Vorsicht am Gleis! Ein Zug fährt durch!"

Es war an einem Freitag kurz nach 22:00 Uhr, als mein Gast und ich nach unserem ausgiebigen Einkaufsbummel mit anschließendem Abendessen mit der S-Bahn den Bahnhof Puchheim erreichten und ausstiegen. 

Ich wollte zu der Treppe gehen, die uns ins Ortszentrum und schließlich zu meinem Domizil führen würde, das etwa fünfzehn Gehminuten vom Bahnhof entfernt lag, als sie mitten im Satz inne hielt und stehen blieb. Sie wies mit einer Wendung ihres Kopfes zu dem Ausweich-Bahnsteig hinüber, der mitten zwischen den Gleisen verlief. "Siehst du den Mann dort?"

Dort drüben, genau am Ende des Bahnsteigs stand die hoch aufragende Gestalt eines Mannes, ohne dass ein Zug eingefahren wäre und angehalten hätte, aus dem er aussteigen hätte können. Er trug einen schwarzen Hut und einen langen schwarzen Mantel und sah uns mit dunklen und dennoch klaren Augen an. Sein Gesicht war bleich, sein Haar schlohweiß. 

Ein tiefer, fast feierlicher Ernst lag in seinem Blick und seiner Miene, nicht, als hätte er etwas gegen uns und wolle uns bedrohen; eher wie eine Mahnung, als wolle er uns vor etwas warnen. Doch er sprach kein Wort.

"Kennst du den?" Stumm schüttelte  ich den Kopf. Niemand rührte sich und sprach, weder der bleiche Mann mit seinem schlohweißen Haar noch wir beide. Stumm und reglos starrten wir ihn an und er uns.  

Auf einmal rauschte einer der Fernzüge heran, welche die Station Puchheim passierten, aber nicht hielten. Er donnerte zwischen dem Bahnsteig und uns vorbei und verbarg während seiner Durchfahrt die Gestalt des Mannes in Schwarz. Als der Zug in der Dunkelheit verschwand und Gleis und Bahnsteig still und reglos zurückließ, war er verschwunden, ebenso plötzlich, wie er aus dem Nichts aufgetaucht war. 

Er konnte nicht auf die Gleise hinunter gesprungen sein; dort hätten wir ihn gesehen. Und in diesen Zug, der mit hoher Geschwindigkeit an uns vorbei gerast war, hätte er unmöglich einsteigen können! Doch von ihm war nichts mehr zu sehen, so als hätte er sich von einem Augenblick auf den anderen im Dunkel der Nacht aufgelöst.

"Wer war das? Was war das denn für einer?" Auch auf diese Frage konnte ich nur den Kopf schütteln und mit den Schultern zucken. "Und wo ist er hin?"

Nur er selbst hätte diese Fragen beantworten können. Doch der Mann in Schwarz war fort, und ich habe ihn nie mehr gesehen, weder in dieser Nacht noch in einer anderen, in der ich mit der S-Bahn am Bahnhof von Puchheim oder an einem anderen Bahnhof ankam und ausstieg. 

Das einzige, was ich weiß, ist, dass wir ihn beide gesehen haben, dass er am Ende des Bahnsteigs stand und uns ansah, als wolle er uns ermahnen oder vor etwas warnen, und dass er so jäh und plötzlich fort war, wie er dort stand. 
 



30.10.2025 - Ungute Orte
An dieser Stelle komme ich auf eine weitere Eigentümlichkeit zu sprechen, die sich gleich einem roten Faden durch mein Leben zieht: dass ich die Atmosphäre spüre, die an einem Ort herrscht, vor allem, wenn sich mir der Eindruck aufdrängt, dass dort etwas Ungutes buchstäblich in der Luft liegt. Dieses Wahrnehmungsvermögen ist womöglich gar nichts Paranormales, sondern lediglich ein besonderes Feingefühl der Sinne und Nerven, das manche Menschen haben und andere nicht; und zu bestimmten Zeiten in meinem Leben hatte ich es. Kennen meine geneigten Leserinnen und Leser Orte, an denen man sich unwohl fühlt und nicht bleiben mag, ohne dafür einen konkreten Grund nennen zu können? Ein solcher Ort war das Schlafzimmer meiner Großtante väterlicherseits. Vom Ostfront-Feldzug im Zweiten Weltkrieg bis kurz vor dem Ende ihres Lebens hatte sie im Obergeschoss eines alten Gasthauses nahe an der Grenze zwischen Deutschland und Tschechien eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung, die ihr für ihre Ansprüche und Bedürfnisse genügte. Wenn wir sie unter dem Jahr hin und wieder besuchten, gab es zuerst immer eine mehrstöckige Butter- oder Nusscremetorte, die sie aus einer Konditorei in Selb holte. Die Torten dieser Konditorei waren so mächtig und üppig, dass ein Stück genügte, um sowohl für den Nachmittag als auch für den Abend gesättigt zu sein; sie füllte einem den Verdauungstrakt vom Magen bis zum Gaumendach hinauf. Gleichwohl gab es abends, bevor wir uns verabschiedeten und nach Hause fuhren, entweder Enten- oder Schweinebraten mit Blaukraut und Knödeln oder eine Platte mit Wurst- und Käse-Aufschnitt, mit sauren Gürkchen, Silberzwiebeln, Tomaten und Eiern reich garniert. Beides bestellte sie immer unten in der Gaststätte, brachte das Abendessen vom Erdgeschoss zu ihrer Wohnung unter dem Dach hinauf und bewahrte es in ihrem Schlafzimmer hinter dem Vorhang auf, der das reich bestückte Regal mit ihren Lebensmittelvorräten verbarg. Abgesehen von dem Regal hinter dem Vorhang gab es in ihrem Schlafzimmer einen Kleiderschrank, einen Toilettentisch mit Schubfächern in Perlmutt-Optik und einem dreiteiligen Spiegel und ein riesiges Doppelbett aus schwerem dunklem Holz, dessen Bettzeug stets mit weißem Leinen überzogen und von einer gehäkelten Tagesdecke aus weißem Filetgarn verhüllt war.


Ungute Orte
 

An dieser Stelle komme ich auf eine weitere Eigentümlichkeit zu sprechen, die sich gleich einem roten Faden durch mein Leben zieht: dass ich die Atmosphäre spüre, die an einem Ort herrscht, vor allem, wenn sich mir der Eindruck aufdrängt, dass dort etwas Ungutes buchstäblich in der Luft liegt. Dieses Wahrnehmungsvermögen ist womöglich gar nichts Paranormales, sondern lediglich ein besonderes Feingefühl der Sinne und Nerven, das manche Menschen haben und andere nicht; und zu bestimmten Zeiten in meinem Leben hatte ich es.

Kennen meine geneigten Leserinnen und Leser Orte, an denen man sich unwohl fühlt und nicht bleiben mag, ohne dafür einen konkreten Grund nennen zu können?

Ein solcher Ort war das Schlafzimmer meiner Großtante väterlicherseits. Vom Ostfront-Feldzug im Zweiten Weltkrieg bis kurz vor dem Ende ihres Lebens hatte sie im Obergeschoss eines alten Gasthauses nahe an der Grenze zwischen Deutschland und Tschechien eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung, die ihr für ihre Ansprüche und Bedürfnisse genügte.

Wenn wir sie unter dem Jahr hin und wieder besuchten, gab es zuerst immer eine mehrstöckige Butter- oder Nusscremetorte, die sie aus einer Konditorei in Selb holte. Die Torten dieser Konditorei waren so mächtig und üppig, dass ein Stück genügte, um sowohl für den Nachmittag als auch für den Abend gesättigt zu sein; sie füllte einem den Verdauungstrakt vom Magen bis zum Gaumendach hinauf.

Gleichwohl gab es abends, bevor wir uns verabschiedeten und nach Hause fuhren, entweder Enten- oder Schweinebraten mit Blaukraut und Knödeln oder eine Platte mit Wurst- und Käse-Aufschnitt, mit sauren Gürkchen, Silberzwiebeln, Tomaten und Eiern reich garniert. Beides bestellte sie immer unten in der Gaststätte, brachte das Abendessen vom Erdgeschoss zu ihrer Wohnung unter dem Dach hinauf und bewahrte es in ihrem Schlafzimmer hinter dem Vorhang auf, der das reich bestückte Regal mit ihren Lebensmittelvorräten verbarg.

Abgesehen von dem Regal hinter dem Vorhang gab es in ihrem Schlafzimmer einen Kleiderschrank, einen Toilettentisch mit Schubfächern in Perlmutt-Optik und einem dreiteiligen Spiegel und ein riesiges Doppelbett aus schwerem dunklem Holz, dessen Bettzeug stets mit weißem Leinen überzogen und von einer gehäkelten Tagesdecke aus weißem Filetgarn verhüllt war.

Als Kind habe ich mich manchmal in dieses Schlafzimmer zurückgezogen, wenn mir die energisch debattierenden Stimmen meiner Eltern und meiner Großtante in ihrem kleinen Wohnzimmer für mein Empfinden zu laut wurden. Denn im Schlafzimmer war niemand, so dass es hier immer still war.

Eine Zeitlang genoss ich den Anblick des Toilettentisches mit seinen blitzenden Spiegelflächen und den vielen perlmuttern schimmernden Schubfächern, hob den Deckel der großen runden Puderdose an (deren Quaste mir zu groß war und in der zuviel Puder staubte, als dass ich ihn anzuwenden gewagt hätte) oder schnupperte an einem der beiden Parfümflacons aus schwerem Kristallglas (deren Duft mir zu schwer und lastend war).

Doch jedes Mal, wenn ich vom Toilettentisch zum weißen Doppelbett mit seiner weißen gehäkelten Tagesdecke hinüber blickte, hatte ich den Eindruck, vor einem offenen leeren Sarkophag zu stehen. Gewiss hat meine Großtante jede Nacht in diesem Bett geschlafen; doch für mich hatte es etwas von der marmornen, reglosen Sterilität eines Totenschreins.

An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass meine Großtante dieses Doppelbett nur kurze Zeit zu zweit genutzt hat: von ihrer Hochzeitsnacht bis zu dem Tag, an dem ihr Mann seinem Einberufungsbefehl an die Ostfront foigte. Und seit sich ihr Mann an die Front verabschiedete, hat sie fünfundvierzig lange Jahre von ihm nichts gehört und gesehen, obwohl sie Suchaufträge bei der Bundeswehr und beim Roten Kreuz aufgab, bis sie 1990 endlich einen Brief bekam, dass ihr Mann in Russland an der Front gefallen sei. 

Fünfundvierzig lange Jahre hat sie auf die Rückkehr ihres Mannes bzw. wenigstens auf ein Lebens- oder Todeszeichen von ihm gewartet, das nicht kam; und in dieser Zeit hat sie sich auf keinen anderen Mann eingelassen, nie mehr einen Freund oder gar Lebensgefährten gesucht und gehabt. Von daher ist der Gedanke, dass dieses Doppelbett ein Sarkophag war, gar nicht so abwegig: Es war das Grabmal einer nicht gelebten Ehe.

Es dauerte nie lange, bis der Anblick dieses Doppelbettes so bedrückend, ja beklemmend auf mich wirkte, dass ich Kopfschmerzen und einen Anflug von Übelkeit verspürte, so dass ich lieber wieder in das Wohnzimmer, sprich, aus einer Totenkammer zu meiner Großtante und meiner Familie und damit ins Leben zurückkehrte.

Einmal - es muss in meinem sechzehnten Lebensjahr gewesen sein, kurz bevor ich meine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin in Coburg begann - verbrachte ich von Freitag bis Sonntag ein Wochenende mit meiner Großtante und habe neben ihr in diesem Doppelbett...nicht geschlafen, nur übernachtet. 

Die sterile, laut- und reglose Stille in diesem Schlafzimmer und Bett beschwor wieder das Gefühl einer bedrückenden Beklemmung in mir herauf, das sich im Dunkel der Nacht deutlich stärker als tagsüber bemerkbar machte; und obwohl ich weder etwas Ungewöhnliches sah noch hörte, fand ich in diesen beiden Nächten keine Ruhe, geschweige denn Schlaf. 

Einmal und nie wieder!

Ein Ort, der sich für mich auf ähnliche Weise ungut anfühlte, war die Bibliothek im siebten Stock des Studentinnenwohnheims, in dem ich von Mitte 1986 bis Ende 1988 während meiner Studienzeit in Erlangen ein Zimmer hatte. 

Im Erdgeschoss des Wohnheims befand sich der Empfangsraum mit ein paar Stühlen rund um einen niedrigen schlichten Tisch und nebenan das Musikzimmer, in dem ein schöner alter Bechsteinflügel stand, der sich im Lauf der anderthalb Jahre, die ich in diesem Studentinnenwohnheim zubrachte, hörbar verstimmte.

Leider hat der Freund einer Mitbewohnerin, der sich einbildete, Klaviere stimmen zu können, damals den Klang dieses Flügels mit seinem Pfusch endgültig ruiniert... 

Auf sechs Stockwerken lagen jeweils zwanzig Zimmer für die Bewohnerinnen, und jede Etage war mit zwei Duschen, zwei Toiletten, einer Teeküche und einem Gemeinschaftsraum ausgestattet.

Im sechsten Stock endete der Aufzug; zum siebten Stock gelangte man über eine Treppe hinauf, und dort oben gab es drei Türen. Die linke führte in die Bibliothek, hinter der in der Mitte lag die elektronische Steuerung des Aufzuges und der Auslöser für die Hydraulik, die ihn hob und senkte, und durch die rechte Tür gelangte man in eine kleine Kapelle.

An der Längsseite gegenüber der Tür zog sich ein Buntglasfenster gleich einem Relief entlang, an der Stirnseite stand ein Altar aus dunkelgrauem Granit mit einem schlichten Holzkreuz darauf und drei dicken Kerzen, die sich um das Kreuz verteilten. Für jene, die sich zu einem stillen Gebet zurückziehen wollten, gab es acht Stuhlreihen à fünfzehn Stühle pro Reihe, und die Tür war nie verschlossen.

Öffentliche Gottesdienste und Beichten fanden hier nicht statt, wohl aber informelle Andachten und Gebetsabende, die einige Bewohnerinnen, darunter auch meinereine, mit Kerzenschein, Gitarre, Gesang und Gebet selbst gestalteten. 

Zwar herrschte in dieser Kapelle auf Grund der Buntglasfenster gedämpftes Licht, doch wirkte sie deshalb nicht düster. Irgendwie strahlte sie immer ein stilles aber herzliches Willkommen aus, und obwohl es in diesem Raum keine Heizung gab, verspürte man eine behagliche Wärme. Stets waberte ein feiner Duft in der Atmosphäre, ähnlich wie von Edelrosen, obwohl auf dem Altar nie lebendige Rosen standen. Ein Duft, fein und unaufdringlich, nie schwer und schwül, aber deutlich wahrnehmbar. Kurz, in die Kapelle kam ich oft und verweilte gerne dort.

Aber die Bibliothek... Dabei war an ihrem Anblick nichts Abweisendes oder gar Abstoßendes. Durch die Reihe der schmalen Mansardenfenster fiel ausreichend Licht herein, um zu lesen oder still und ungestört zu arbeiten. in den schlichten Holzregalen standen Klassiker der Unterhaltungsliteratur und zur damaligen Zeit aktuelle Bestseller, Lebensratgeber und meditative Andachtsbücher. Unter der Fensterzeile standen zwischen den Bücherregalen zwei Arbeitstische mit je zwei Stühlen, ein weiterer in der Mitte des Raumes, und neben der Tür ein Pult, auf dem das kleine karierte Schulheft aufgeschlagen lag,  in dem man das erwählte Buch mit Titel, Ausleih- und Rückgabedatum vermerkte.

Kurz, dieser Raum war ganz und gar alltäglich und nüchtern. 

Doch jedes Mal, wenn ich mich in der Bibliothek mit einem Buch niederließ, empfand ich eine bleierne Beklemmung. die mit jeder Minute, die ich hier verbrachte, schwerer und drückender wurde. Dieser Raum glich einer Kuppel aus Schweigen und Stille; eine Stille, die vom Klicken und Schnappen der elektronischen Steuerung im Aufzugsschacht eher betont und vertieft wurde, als dass diese Geräusche sie unterbrochen oder gar aufgehoben hätten. Außer jenem leisen Klicken und Schnappen war in der Bibliothek nichts zu hören, und abgesehen von den Büchern gab es hier auch nichts zu sehen.

Es half mir nicht, dass ich mich auf den Inhalt des Buches zu konzentrieren versuchte, das ich las. Zwar nahm ich das Gelesene auf, nahm dabei aber stets jene bleierne Stille wahr, die Geist und Seele weder einlud noch freundlich aufnahm, sondern etwas Kaltes, Steriles, Drückendes hatte. Und jedes Mal drängte sich mir der Gedanke auf, dass in diesem Raum einmal etwas Ungutes geschehen sein musste, das die Atmosphäre auf solch unangenehme Weise verdichtete. 

Hatte eine Depression mit ihrem bleiernen Gewicht am Gemüt einer Studentin gezogen, bis sie ihren Zustand nicht länger ertragen hatte und aus einem der Mansardenfenster gesprungen war? Oder war der einen oder anderen Bewohnerin dieses Hauses etwas angetan worden? Hatte man sie physisch oder psychisch gequält, und war ihr stilles Leid, das sie nur diesem Raum anvertraut hatte, hier in der Luft hängen geblieben?

Während der anderthalb Jahre, die ich in diesem Studentinnenwohnheim lebte, war ich insgesamt nur an drei freien Nachmittagen in der Bibliothek im siebten Stock gewesen, und ganz gleich, was ich las, mein Empfinden war dasselbe. Nachts, wenn es draußen dunkel war, hätten mich keine zehn Pferde in diesen Raum gebracht! 

Hin und wieder schilderte ich meinen Eindruck der einen oder anderen Bewohnerin dieses Hauses, mit der ich damals befreundet war; doch wenn ich darauf zu sprechen kam, taten sie es mit einem Schulterzucken und einem unverbindlichen Murmeln ab. Doch ich bemerkte, dass nur selten eine Mitbewohnerin die Bibliothek aufsuchte und sich darin aufhielt. Denn die kleine Kapelle gegenüber habe ich am Abend oft aufgesucht, doch in der Bibliothek war zur gleichen Zeit niemand...  

Ein anderer unguter Ort, der den Münchnerinnen und Münchnern unter meinen Lesern dem Namen nach bekannt sein dürfte,  ist kein Raum, sondern liegt im Freien, fühlt sich aber ähnlich beklemmend an, wenn auch auf andere Art. Doch vielleicht empfinde ich den Aufenthalt an diesem Ort nur deshalb als unangenehm, weil ich seine Geschichte kenne.

Südlich von München spannen sich zwei Brücken über die tiefe und steile Schlucht der Isar, die beide Ufer miteinander verbinden: die Grünwalder Brücke zwischen Pullach und dem Ort Grünwald mit seiner Ritterburg, die stolz über dem Isarhochufer thront, und etwa zehn Kilometer und zwei Kurven nördlicher die Großhesseloher Brücke, die vom gleichnamigen Münchner Vorort zur Menterschwaige hinüber führt.

Vom Ausklang des 19. Jahrhunderts, als die Großhesseloher Brücke erbaut wurde, bis gegen Ende der 1990er Jahre wurde ihr ein tragischer Ruhm zuteil: Sie übte eine verhängnisvolle Anziehungskraft auf Selbstmörder aus, die sich von ihrem Brückengeländer ins steinige Bett der Isar stürzten, und über die Jahrzehnte hinweg waren es nicht wenige, die auf diese schnelle, relativ schmerzlose Weise aus dem Leben schieden.

Um dieser traurigen Anziehungskraft ein Ende zu setzen, wurden in den 1990er Jahren über den beiden Brückengeländern dichte Stahlgitter hochgezogen, durch die man nicht hindurch kommt und fast schon akrobatisches Geschick braucht, um über sie zu klettern, und seither hört man kaum mehr davon, dass jemand von der Großhesseloher Brücke in den Tod gesprungen ist.

Zwischen 2006 und 2018, als ich in Pullach oder eher im Ortsteil Höllriegelskreuth berufstätig war (den kaum ein Brite oder Amerikaner auszusprechen vermag), bin ich an einem Sechs-Stunden-Freitag am Ende der Arbeitswoche öfters am Baumbestand des Isarhochufers entlang von Höllriegelskreuth zum Ortskern von Pullach spaziert und habe dabei zur Grünwalder Burg und Brücke hinüber geschaut.

Doch in dem Waldstück zwischen Pullach und Großhesselohe war ich nur selten unterwegs. Zwar liegt darin eine Jugendherberge und die Waldwirtschaft, in der im Sommer am Sonntagmittag Jazzkonzerte stattfinden. Doch wenn man von der Waldwirtschaft dem Weg durch den Wald Richtung Norden folgt, beginnen bald die Stacheldrahtzäune des BND-Geländes und nehmen bis zum Übergang in den Ortsteil Großhesselohe kein Ende. Ein umzäuntes Gelände, von dem man weiß, dass dahinter der Geheimdienst nistet und sich darüber ausschweigt, was hinter dem Stacheldraht vor sich geht, hat für mich nichts Einladendes...

Ein einziges Mal bin ich mit einer ehemaligen Kollegin und ihrem kleinen Sohn von Großhesselohe über die Brücke zur Menterschwaige hinüber und wieder zurück gelaufen, und dieses eine Mal reichte mir. Weder sie noch ihr Sohn dachten sich etwas dabei; beide genossen den Weitblick über die Isar, den sonnigen Tag und folgten unbeschwert dem Bogen der Brücke mit ihren Stahlgittern auf beiden Seiten.

Doch wer schon einmal auf der Großhesseloher Brücke unterwegs war, weiß, dass auf dem Weg von einem Ufer zum anderen heftige Fallwinde einsetzen, die scheinbar aus dem Nichts kommen. Eiskalt und schneidend zerren und reißen sie am Haar und an der Kleidung, und dieses Zerren und Reißen dauert an, solange man auf der Brücke die Isar überquert. Betritt man das gegenüberliegende Ufer, hört der eisige Zug auf, und es wird schlagartig windstill.

Auf dem Weg von Großhesselohe zur Menterschwaige und zurück behielt ich vor meiner Ex-Kollegin und ihrem Kleinen meine Gedanken für mich. Auch als wir im Isarbräu, dem Wirtshaus im vormaligen Bahnhofsgebäude saßen und uns an Schweinebraten mit Knödeln gütlich taten, erzählte ich nichts von dem, was ich wusste und dachte. 

Doch an jenem Nachmittag hatte ich den Eindruck, als hätten einige der unglücklichen Seelen, die vom Geländer der Großhesseloher Brücke in den Tod gesprungen sind, in ihrem nassen Grab nie Ruhe gefunden und trieben noch heute über der Isar ihr Unwesen, eben in Gestalt dieser Fallwinde... 



30.10.2025 - Mein Halloween-Special - Meine Begegnungen mit der Anderswelt
Nach den Glaubensvorstellungen der alten Kelten, von denen man in Schottland, Irland, Wales und der Bretagne bis heute sichtbare Erinnerungen und ihre Sitten und Gebräuche findet, ist die Nacht vor Allerheiligen, die auf Gälisch Samhain heißt, die Zeit, in der die Grenzen zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt fallen und sich die Geister der Verstorbenen und/oder seit langem unerlösten Seelen unter die lebenden Menschen aus Fleisch und Blut mischen. Ob und wie stark man an das Wirken einer Welt hinter der Welt glaubt oder nicht, sich darauf einlässt oder davon fern hält, hängt damit zusammen, ob man selbst schon einmal Dinge wahrgenommen und erlebt hat, die nicht oder nur schwach zu hören, zu sehen oder zu greifen sind, sich aber spürbar machen, ohne dass man sie eindeutig und klar definieren könnte. Selten habe ich dergleichen erlebt; doch was ich erlebte, habe ich nie vergessen. Allerdings kann ich mein Erleben nur mit einem "als ob" umschreiben, denn solche Phänomene machen sich nur leise und vage bemerkbar. Und so möchte ich in meinem diesjährigen Halloween-Special von meinen Berührungen mit der Anderswelt erzählen und es meinen geneigten Leserinnen und Lesern anheim stellen, was sie davon halten und was sie glauben möchten oder nicht.


Mein Halloween-Special - Meine Begegnungen mit der Anderswelt<

 

Nach den Glaubensvorstellungen der alten Kelten, von denen man in Schottland, Irland, Wales  und der Bretagne bis heute sichtbare Erinnerungen und manche Sitten und Gebräuche aus uralten Zeiten findet, ist die Nacht vor Allerheiligen, die auf Gälisch Samhain heißt, die Zeit, in der die Grenzen zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt fallen und sich die Geister der Verstorbenen und/oder seit langem unerlösten Seelen unter die lebenden Menschen aus Fleisch und Blut mischen.

Ob und wie stark man an das Wirken einer Welt hinter der Welt glaubt oder nicht, sich darauf einlässt oder davon fern hält, hängt damit zusammen, ob man selbst schon einmal Dinge wahrgenommen und erlebt hat, die nicht oder nur schwach zu hören, zu sehen oder zu greifen sind, sich aber spürbar machen, ohne dass man sie eindeutig und klar definieren könnte.
Selten habe ich dergleichen erlebt; doch was ich erlebte, habe ich nie vergessen. Allerdings kann ich mein Erleben nur mit einem "als ob" umschreiben, denn solche Phänomene machen sich nur leise und vage bemerkbar.

Und so möchte ich in meinem diesjährigen Halloween-Special von meinen Berührungen mit der Anderswelt erzählen und es meinen geneigten Leserinnen und Lesern anheim stellen, was sie davon halten und was sie glauben möchten oder nicht.


Der Hauch des Todes


Die erste bewusste Wahrnehmung, die in diese Richtung ging, hatte ich im Alter von fünfzehn Jahren, und sie hing mit dem Tod meiner Großmutter väterlicherseits zusammen oder eher mit dem, was danach mit ihren Räumen geschah

Es war an einem Abend Anfang Januar des Jahres 1983, als sie starb, nachdem ein Schlaganfall ihr ein halbes Jahr lang die Sprache geraubt und sie an ihr Krankenbett gefesselt hatte, so dass sie auf die Pflege zweier Diakonissinnen unserer evangelischen Gemeinde angewiesen war. 

An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass es vor ihrem Schlaganfall zwischen ihr und meinen Eltern, d.h. ihrer Schwiegertochter und ihrem Sohn zu einem bitterernsten Zerwürfnis gekommen war. Wenn sie sich auf der Treppe oder im Flur begegneten, grüßten sie zwar, betraten aber nie die Räume des feindlichen Lagers. Und nach dem Schlaganfall waren es die Diakonie-Schwestern, die täglich zu ihr in die Wohnung kamen, um sie zu pflegen; meine Eltern und meine Tante väterlicherseits vermieden es während des halben Jahres ihres Dahinsiechens, sie aufzusuchen, soweit es irgend ging.

An zwei Phänomene erinnere ich mich noch genau: 

Zum einen, dass ein paar Minuten vor sechzehn Uhr, zweieinhalb Stunden, bevor ihr Leben endgültig verrann, das Perpendikel und mit ihm auch die Zeiger der alten mechanischen Uhr stehen blieben, die in der Diele an der Wand hing; ein Stillstand, der auch an dem Abend geschehen war, als mein Großvater in derselben Nacht starb.  Damals, d.h. im November 1978 war ich erst zehn Jahre alt, doch an den Stillstand der Wanduhr in der Diele erinnere mich noch heute.

Und zum anderen, dass, als die Untersuchung des Arztes und das Schluchzen meiner Tante ihren Tod bestätigte, für den Rest des Abends und der Nacht im ganzen Haus ein süßlich-fader Geruch in der Luft lag, den selbst meine vom Heuschnupfen strapazierte Nase wahrnahm und der nach meinem Empfinden auch da war, als wir uns ein letztes Mal um die Leiche meiner Großmutter versammelten, die in der Sakristei unserer kleinen Dorfkirche aufgebahrt lag, bevor der Sargdeckel verschlossen und sie in die Erde hinabgesenkt wurde.

Übrigens hatte ich jenen süßlich-faden Geruch schon einmal wahrgenommen, und zwar im Frühsommer 1982, als eine der Lehrerinnen unserer Schule und ihr dreijähriger Sohn vom Ehemann und Vater erschossen wurden, bevor er den beiden mit einem letzten Schuss aus seiner Waffe folgte; ein erweiterter Suizid als Schlusspunkt einer Tragödie, der seinerzeit nicht nur unsere Schule, sondern auch unsere kleine Stadt erschütterte.  

Als die Leichen der Lehrerin und ihres kleinen Sohnes in der Aussegnungshalle neben der Pfarrkirche aufgebahrt lagen und wir an ihnen vorüber gingen, um uns zu verabschieden, nahm ich denselben süßlich-faden Geruch des Todes wahr, trotz der rundum geschlossenen gläsernen Wände der Vitrine, die man umkreisen musste, wenn man Verstorbene ein letztes Mal sehen wollte... 

Es dauerte geraume Zeit, bis meine Eltern nach dem Tod meiner Großmutter ihre Räume wieder betraten, doch im Frühjahr 1983 war es soweit: Sie räumten die beiden Zimmer aus, die ihr zu Lebzeiten gehört hatten, und begannen sie umzugestalten. In ihrem früheren Wohnzimmer sollte ich schlafen, und im Schlafzimmer sollten unverderbliche Lebensmittel und Haushaltswaren aufbewahrt werden, die meine Mutter nicht ständig brauchte. 

Wieso sollte ich in einem Zimmer schlafen, das meine Mutter und mein Vater lange Zeit nicht und nach dem Tod meiner Großmutter erst nach einigem Zögern betreten hatten? Vor allem: Wie, wenn sie es mir übel nahm, dass ich mich in den Räumen einquartierte, die ihr gehört hatten, und mich heimsuchen würde?

Meine Mutter, die den Glauben an das Übernatürliche und jeglichen Aberglauben entschieden ablehnte, wies meine Bedenken zurück: Tot sei tot, und fort sei fort.

Es kam die Nacht, in der ich in mein neues Schlafzimmer umzog. Zwar entkleidete ich mich wie sonst auch und kroch in mein Bett; aber geschlafen habe ich in der ersten Nacht in meinem neuen Quartier kaum. Bis zum Morgengrauen lag ich wach, in der bangen Erwartung, dass jeden Moment etwas geschehen mochte: 

Würde ich ein Rascheln und Knistern oder gar Flüstern hören? Würde ich einen Schemen oder eine Gestalt sehen? Würde mich eine unsichtbare eiskalte Hand berühren oder mir gar Gewalt antun? 

Zwar geschah nichts von alldem; doch die ganze Nacht hindurch verspürte ich in diesem Zimmer eine für Anfang August ungewöhnliche Kälte, und die Schatten der Nacht erschienen mir dunkler und tiefer als sonst in einer stillen Sommernacht üblich.

Auch in den darauffolgenden Nächten geschah nichts Außergewöhnliches, so dass ich mich an mein neues Domizil gewöhnte und bald sogar vergaß, dass dies einst das Zimmer meiner Großmutter väterlicherseits gewesen war. 

Erst Monate später gestand mir meine Mutter, dass sie meine Bedenken und mein ungutes Gefühl in dieser Nacht geteilt hatte... 

 



07.03.2025 - Meine Würdigung
Aus meiner Sicht ist das Prequel "Mufasa" ein vom Anfang bis zum Ende packender Film mit grandiosen Landschaften und interessanten Tierpersönlichkeiten, bei deren Schilderung und Entwicklung auf allzu eindimensionale Schwarz-Weiß-Schablonen verzichtet wird. Auch wenn die Löwen in ihrem Verhalten beim Kampf und in ihrer Familie realistisch dargestellt werden, handelt es sich hier eher um ein Königsdrama im Gewand einer Tierfabel, die in ihrer Wucht und Dramatik an Shakespeare-Dimensionen heranreicht. Denn Kern dieser Geschichte ist eine Frage, die in königlichen Dynastien von entscheidender Bedeutung war und noch heute ist: Was berechtigt einen König dazu, König zu sein: seine Abstammung oder seine Fähigkeiten? Wer in einem bürgerlichen Umfeld aufgewachsen ist und sich darin bewegt - und damit die meisten von uns -, wird sich wohl ohne großes Zögern für den entscheiden, der sich als fähig erweist. Doch in königlichen Dynastien galt jahrhundertelang der Grundsatz, dass die Krone in der Blutlinie der Familie bleibt; und so geschah es - wie z.B. bei den Bourbonen, Habsburgern, Hannoveranern und Wittelsbachern -, dass zuweilen schwache Monarchen auf dem Thron saßen. Zeigt eine Dynastie Zeichen der Schwäche und des Verfalls, erscheint zuweilen ein ferner Verwandter oder Schwiegersohn, der es versteht, sich bei Hofe gewandt zu bewegen und die richtigen Fäden im richtigen Moment zu ziehen. Doch auch wenn sich die Mitglieder einer Königsfamilie schwach oder gar unfähig zeigen, schwächt dies nicht ihr Festhalten an der Macht, so dass sie danach trachten, den unliebsamen aufstrebenden Thronerben aus der Welt zu schaffen. So erging es z.B. Heinrich von Navarra am Hof von Frankreich, bevor er Heinrich IV. wurde; und so war es ein Jahrhundert vorher im Zuge der Meuchelmorde in Großbritannien zur Zeit des Rosenkriegs zwischen den Häusern Lancaster und York. Und diese Konstellation ergibt sich auch, als Eshe den verwaisten Löwenjungen Mufasa in ihre Familie aufnimmt: Obassi, der auf den Machterhalt in seiner Familie pocht, besteht darauf, dass ihr leiblicher Sohn Taka König werden soll, und treibt ihn an, sich als König zu beweisen, während Eshe Mufasas Geschick und Können anerkennt und zugleich ihren leiblichen Sohn ermutigt, seine eigene Kraft und Stärke zu finden, unabhängig von dem, was sein Vater meint und sagt.


IV. Meine Würdigung


Aus meiner Sicht ist das Prequel Mufasa ein vom Anfang bis zum Ende packender Film mit grandiosen Landschaften und interessanten Tierpersönlichkeiten, bei deren Schilderung und Entwicklung auf allzu eindimensionale Schwarz-Weiß-Schablonen verzichtet wird.

Auch wenn die Löwen in ihrem Verhalten beim Kampf und in ihrer Familie realistisch dargestellt werden, handelt es sich hier eher um ein Königsdrama im Gewand einer Tierfabel, die in ihrer Wucht und Dramatik an Shakespeare-Dimensionen heranreicht. Denn Kern dieser Geschichte ist eine Frage, die in königlichen Dynastien von entscheidender Bedeutung war und noch heute ist: Was berechtigt einen König dazu, König zu sein: seine Abstammung oder seine Fähigkeiten?

Wer in einem bürgerlichen Umfeld aufgewachsen ist und sich darin bewegt - und damit die meisten von uns -, wird sich wohl ohne großes Zögern für den entscheiden, der sich als fähig erweist.

Doch in königlichen Dynastien galt jahrhundertelang der Grundsatz, dass die Krone in der Blutlinie der Familie bleibt; und so geschah es - wie z.B. bei den Bourbonen, Habsburgern, Hannoveranern und Wittelsbachern -, dass zuweilen schwache Monarchen auf dem Thron saßen.

Zeigt eine Dynastie Zeichen der Schwäche und des Verfalls, erscheint zuweilen ein ferner Verwandter oder Schwiegersohn, der es versteht, sich bei Hofe gewandt zu bewegen und die richtigen Fäden im richtigen Moment zu ziehen. Doch auch wenn sich die Mitglieder einer Königsfamilie schwach oder gar unfähig zeigen, schwächt dies nicht ihr Festhalten an der Macht, so dass sie danach trachten, den unliebsamen aufstrebenden Thronerben aus der Welt zu schaffen.

So erging es z.B. Heinrich von Navarra am Hof von Frankreich, bevor er Heinrich IV. wurde; und so war es ein Jahrhundert vorher im Zuge der Meuchelmorde in Großbritannien zur Zeit des Rosenkriegs zwischen den Häusern Lancaster und York.

Und diese Konstellation ergibt sich auch, als Eshe den verwaisten Löwenjungen Mufasa in ihre Familie aufnimmt:

Obassi, der auf den Machterhalt in seiner Familie pocht, besteht darauf, dass ihr leiblicher Sohn Taka König werden soll, und treibt ihn an, sich als König zu beweisen, während Eshe Mufasas Geschick und Können anerkennt und zugleich ihren leiblichen Sohn ermutigt, seine eigene Kraft und Stärke zu finden, unabhängig von dem, was sein Vater meint und sagt.

Da auch Taka Mufasas Qualitäten erkennt und sich gar nicht darum reißt, König zu werden - viel lieber hat er einen Freund und Bruder, wo er vorher keinen hatte -, sieht er zu Beginn der Erzählung von jeglichen Macht- und Intrigenspielen ab. Umgekehrt weiß Mufasa, dass er als heimatloser Fremder in eine Königsfamilie aufgenommen wurde, und ist in seinem Wesen zu bescheiden, um Taka seine Rechte streitig zu machen.

Doch der Gedanke, dass er der rechtmäßige künftige König ist, den sein Vater ihm eingepflanzt hat, rumort dennoch auf dem Grund von Takas Bewusstsein. Als er erkennt, dass er gegenüber Mufasa ins Hintertreffen gerät, will er an seinem Anspruch auf den Königsthron festhalten; und da seine Persönlichkeit und seine Fähigkeiten nicht genügen, um seine Macht zu festigen, gebraucht er wie zu Macchiavellis Zeiten List und Tücke, um die Macht zu erlangen.

Doch während er beim ersten entscheidenden Showdown Mufasa noch das Leben rettet, lässt er ihn später, als er nicht länger warten mag, im wahren Sinn des Wortes fallen...

Allerdings ist es ihm ausschließlich darum zu tun, seine Machtgelüste zu befriedigen, und nicht, sein Rudel und die anderen Tiere in seinem Reich zu erhalten und gedeihen zu lassen.

Später bedarf es des Eingreifens und der Hilfe des weisen Mandrills Rafiki und der jungen Löwin Nala, damit Mufasas Sohn Simba den Platz einnimmt, der ihm zusteht, und das Vermächtnis seines Vaters fortsetzt...


Mein Fazit:

Während der Urfilm Der König der Löwen aus dem Jahr 1994 seine Geschichte stark und geradlinig erzählt und dadurch sein Publikum vom Anfang bis zum Ende packt, nimmt sich das Prequel Mufasa 25 Jahre später mehr Zeit, um die Charaktere genauer zu beleuchten und den Verlauf der Geschichte schlüssig und stimmig zu entwickeln.

Doch in beiden Filmen spielen die Landschaften Zentralafrikas und ihre Naturschauspiele eine entscheidende Rolle. Zwar dienen sie im Film als Werkzeug, um die Handlung voran zu treiben; doch dass es im Herzen dieses Kontinents Dürre- und Regenzeiten, Ebenen und hohe Berge, Sandwüsten und 6.000 Meter über dem Meeresspiegel Schnee gibt, sind Tatsachen.

Und Afrika mit seiner vielfältigen Flora und Fauna wird als eigenständige Welt gezeigt, deren Naturzyklen für schicksalhafte Wendungen im Reich der Tiere sorgen.

Ob es zum Aufstieg und Sieg oder zum Untergang und Ende kommt, hängt nur zur Hälfte von den Wesenszügen und Fähigkeiten des Einzelnen ab. Die andere Hälfte unterliegt Umständen, die gegeben, und Ereignissen, die ohne sein Zutun geschehen sind.

Aus meiner Sicht kann Persönlichkeit und Befähigung noch so offenkundig vorliegen: Den Ausschlag für Erfolg oder Misserfolg gibt der immer noch nicht restlos erforschte Faktor X, den manche Schicksal, andere Karma und wieder andere Gott oder den Großen Geist nennen.

Er ist es, der mit Ereignissen für unerwartete Wendungen sorgt, die unsere Vorhaben und Pläne durchkreuzen, mag uns das auch nicht gefallen, je mehr wir uns bemühen, unser Leben und Schicksal selbst zu gestalten.

Und mit dem Unerwarteten, Nicht-Vorhergesehenen stutzt er uns in unserer Anmaßung  zurück, dass wir allmächtig sind und alles wissen und können. Es gibt noch etwas außer und über uns...         

 

 



07.03.2025 - Mufasa - Die Vorgeschichte
Wie im Fall der "Star Wars"-Saga wird auch beim "König der Löwen" 25 Jahre nach dem Originalfilm von 1994 die Vorgeschichte erzählt, die sich eine Generation früher ereignet und zu der im Film gezeigten Konstellation geführt hat. Nur, dass dieser Film nicht im Zeichentrick-, sondern im Realfilm-Modus gedreht wurde und mit Hilfe von GCI und KI Tiere zum Leben erweckt hat, die sich in einer zumindest teilweise real existierenden Umgebung - nach meiner Vermutung die Landschaft, die sich von der Massai Mara über die Ruwenzori-Berge bis zum Ngorongoro-Krater erstreckt - ihrer Art gemäß bewegen und verhalten, nur, dass sie neben ihren tierischen Lautäußerungen wie Menschen denken und sprechen. Und die Geschichte des Prequels "Mufasa" wurde in meinen Augen ebenso schlüssig und stimmig erzählt wie die Prequel-Serie von "Star Wars" und hat es auf Grund ihrer Wucht und ihres Tiefgangs einmal mehr verdient, dass ich ihr meinen PC zur Verfügung stelle und ihren Kern und Sinn in meine Worte fasse. Alles hat damit begonnen, dass Mufasas Eltern ihrem Sohn von einem Land namens Milele erzählt haben, ein Paradies, in dem es ausreichend Wasser gibt, so dass dort alle Tiere und Pflanzen im Überfluss wachsen und gedeihen, und das hinter dem westlichen Horizont liegt. Als nach einer ungewöhnlich langen Dürreperiode in der Savanne die Regenzeit einsetzt, wird Mufasa von der Springflut eines reißenden Flusses erfasst und treibt mit einem Baumstamm, an den er sich klammert, unaufhaltsam stromabwärts. Mit diesem Fluss könnte der Sambesi gemeint sein, ein während der Regenzeit reißender Strom mit Felswänden und Stromschnellen, der sich an der Grenze zwischen Kenia und Tansania in die Victoria-Fälle ergießt. Auch dies ist nur meine Vermutung, denn es gibt viele Flüsse in Afrika, die während der Dürreperiode zu einer Fels- und Sandwüste austrocknen und während der Regenzeit zu Strömen anschwellen. Ein Löwenbaby namens Taka wird auf Mufasa aufmerksam, hilft ihm, ans Ufer zu gelangen, zieht ihn aus dem reißenden Strom auf das sichere Festland und rettet ihm so sein Leben. Während Takas Mutter Eshe das verwaiste Löwenjunge in ihre Familie aufnimmt, sieht sein Vater Obassi in diesem heimatlosen Streuner eine Gefahr: Zum einen bringt ein Fremder Unruhe in das Gefüge des Löwenrudels, zum anderen könnte er Taka den Rang und Titel streitig machen und ihn verdrängen. Und während Taka und Mufasa einander mögen, im anderen den Bruder sehen, den sie vorher nicht hatten und einander auch Bruder nennen, beharrt Obassi auf dem Standpunkt, dass der Thronanspruch in der Blutlinie der Familie bleiben muss. Fortan übernimmt Eshe die Erziehung von Mufasa, während Taka in der Obhut seines Vaters Obassi aufwächst. Bald stellt sich heraus, dass Mufasa sich nahezu in allen Fähigkeiten, die man als Beutejäger wie auch als König braucht, schneller, stärker und geschickter als Taka erweist. Doch während Taka die Überlegenheit seines Adoptivbruders ohne Neid und Groll zur Kenntnis nimmt, sind dem dynastiebewussten König Obassi die Schwächen seines Sohnes ebenso ein Dorn im Auge wie das Können und Geschick des heimatlosen Fremdlings.


III. Mufasa - Die Vorgeschichte


Wie im Fall der Star Wars-Saga wird auch beim König der Löwen 25 Jahre nach dem Originalfilm von 1994 die Vorgeschichte erzählt, die sich eine Generation früher ereignet und zu der im Film gezeigten Konstellation geführt hat.

Nur, dass dieser Film nicht im Zeichentrick-, sondern im Realfilm-Modus gedreht wurde und mit Hilfe von GCI und KI Tiere zum Leben erweckt hat, die sich in einer zumindest teilweise real existierenden Umgebung - nach meiner Vermutung die Landschaft, die sich von der Massai Mara über die Ruwenzori-Berge bis zum Ngorongoro-Krater erstreckt - ihrer Art gemäß bewegen und verhalten, nur, dass sie neben ihren tierischen Lautäußerungen wie Menschen denken und sprechen.

Und die Geschichte des Prequels Mufasa wurde in meinen Augen ebenso schlüssig und stimmig erzählt wie die Prequel-Serie von Star Wars und hat es auf Grund ihrer Wucht und ihres  Tiefgangs einmal mehr verdient, dass ich ihr meinen PC zur Verfügung stelle und ihren Kern und Sinn in meine Worte fasse.

Alles hat damit begonnen, dass Mufasas Eltern ihrem Sohn von einem Land namens Milele erzählt haben, ein Paradies, in dem es ausreichend Wasser gibt, so dass dort alle Tiere und Pflanzen im Überfluss wachsen und gedeihen, und das hinter dem westlichen Horizont liegt.

Als nach einer ungewöhnlich langen Dürreperiode in der Savanne die Regenzeit einsetzt, wird Mufasa von der Springflut eines reißenden Flusses erfasst und treibt mit einem Baumstamm, an den er sich klammert, unaufhaltsam stromabwärts.

Mit diesem Fluss könnte der Sambesi gemeint sein, ein während der Regenzeit reißender Strom mit Felswänden und Stromschnellen, der sich an der Grenze zwischen Kenia und Tansania in die Victoria-Fälle ergießt. Auch dies ist nur meine Vermutung, denn es gibt viele Flüsse in Afrika, die während der Dürreperiode zu einer Fels- und Sandwüste austrocknen und während der Regenzeit zu Strömen anschwellen.

Ein Löwenbaby namens Taka wird auf Mufasa aufmerksam, hilft ihm, ans Ufer zu gelangen, zieht ihn aus dem reißenden Strom auf das sichere Festland und rettet ihm so sein Leben.

Während Takas Mutter Eshe das verwaiste Löwenjunge in ihre Familie aufnimmt, sieht sein Vater Obassi in diesem heimatlosen Streuner eine Gefahr: Zum einen bringt ein Fremder Unruhe in das Gefüge des Löwenrudels, zum anderen könnte er Taka den Rang und Titel streitig machen und ihn verdrängen. Und während Taka und Mufasa einander mögen, im anderen den Bruder sehen, den sie vorher nicht hatten und einander auch Bruder nennen, beharrt Obassi auf dem Standpunkt, dass der Thronanspruch in der Blutlinie der Familie bleiben muss.

Fortan übernimmt Eshe die Erziehung von Mufasa, während Taka in der Obhut seines Vaters Obassi aufwächst. Bald stellt sich heraus, dass Mufasa sich nahezu in allen Fähigkeiten, die man als Beutejäger wie auch als König braucht, schneller, stärker und geschickter als Taka erweist. Doch während Taka die Überlegenheit seines Adoptivbruders ohne Neid und Groll zur Kenntnis nimmt, sind dem dynastiebewussten König Obassi die Schwächen seines Sohnes ebenso ein Dorn im Auge wie das Können und Geschick des heimatlosen Fremdlings.

Als eine Truppe weißer Löwen unter der Führung ihres Königs Kiron das Rudel von Obassi und Eshe angreift, ist es Mufasa, der Taka das Leben rettet, indem er Kirons Sohn und Thronfolger im Kampf tötet. Hierauf schwört Kiron Rache: Für das Leben seines Sohnes soll Mufasa sein Leben lassen.

Nach diesem Kampf entscheidet König Obassi, dass Taka und Mufasa das Rudel verlassen sollen, um sich zu bewähren und zu zeigen, wer von beiden sich künftig wirklich König der Löwen nennen darf. Und so brechen die beiden, die zu diesem Zeitpunkt im Herzen Freunde und Brüder sind, auf in das große Unbekannte, das sich Zukunft nennt...

An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass diese Handlung zumindest teilweise zur Realität in einem Löwenrudel gehört: Sobald männliche Löwen sich der Geschlechtsreife nähern, vertreibt der Chef sie aus dem Rudel; und solange sie noch kein Weibchen und keine Familie haben, verbringen männliche Löwen tatsächlich viel Zeit miteinander und erkunden gemeinsam die Welt.

Auf ihrer Wanderung stoßen Mufasa und Taka auf die einsame junge Löwin Sarabi, die nach dem Angriff von Kiros weißen Löwen nach Überlebenden ihres Rudels sucht und von dem Nashornvogel Zazu begleitet wird, und lernen auch den ebenso weisen wie schrulligen Mandrill Rafiki kennen, den das gleiche Schicksal wie Taka und Mufasa ereilt hat.Auch Rafiki wurde aus seiner Adoptiv-Pavianfamilie vertrieben, in seinem Fall, weil er den Pavianen mit seinen Träumen und Visionen von einem Paradies mit Namen Milele auf die Nerven ging.

Bei Mufasa stößt Rafiki auf positive Resonanz, da seine Eltern ihm von Milele wie von einem real existierenden Land erzählt haben. Und da Rafiki meint, gemeinsam kämen sie leichter zurecht als allein, setzen sie schließlich zu fünft ihre Suche nach Milele fort, das in Rafikis Träumen hinter einer hohen, von ewigem Schnee bedeckten Gebirgskette liegt.

Auch das Landschaftsbild eines schneebedeckten Bergmassivs mitten in Afrika ist meiner Vermutung nach nicht frei erfunden. Bis etwa 2010 waren nicht nur die über 6.000 Meter hohen Gipfel des Mount Kenya und des Kilimanjaro ganzjährig von Schnee bedeckt, sondern auch die der Ruwenzori-Berge. Diese könnten im Film gemeint sein, denn er zeigt eine Gebirgskette und nicht nur einen einzelnen Berg.

Doch König Kiros und sein Rudel setzen die Verfolgung fort, getrieben vom gemeinsamen Entschluss, den Tod des Thronfolgers zu rächen und Milele als Revier zu erobern.

Bald hat es die junge Löwin Sarabi sowohl Mufasa als auch Taka angetan. Zuerst hält Mufasa sich zurück und überlässt Taka das Feld; doch Sarabi erkennt rasch Mufasas Qualitäten, die ihn zum Führer und König befähigen, und erwidert seine Zuneigung. Da erwachen Schmerz, Zorn und Eifersucht in Taka: Mufasa ist drauf und dran, ihm alles zu nehmen, was ihm als rechtmäßigem Thronfolger zusteht, sowohl den Rang als König als auch das Weibchen!

Erfüllt vom Streben nach der Macht, die ihm zusteht, und vom Groll auf den Nebenbuhler, der ihm Sarabi ausgespannt hat, verbündet sich Taka heimlich mit Kiros und den weißen Löwen und bringt sie auf die Spur seiner Freunde, die schließlich das gelobte Land Milele tatsächlich mit eigenen Augen in einem tiefen Talkessel vor sich liegen sehen.

Seiner Gestalt nach könnte es sich um den Ngorongoro-Krater in der Serengeti handeln, der über größere Trinkwasserreserven verfügt als andere Gebiete in Kenia und Tansania.

Zwar entscheidet sich Taka während des Kampfes auf Leben und Tod zwischen Kiros und Mufasa für die Loyalität zu seinem Freund und Bruder und rettet ihm bei seinem Sturz in den reißenden Sambesi erneut das Leben.

Doch Mufasa hat begriffen, dass es zu diesem Kampf gekommen ist, weil Taka Kiros und sein Rudel auf seine Fährte gebracht hat, und will Taka nie mehr bei seinem Namen nennen.

Im Gedenken an die Narbe an seiner Stirn, die Taka sich bei diesem Kampf zugezogen hat, schlägt er daraufhin vor, ihn künftig Scar zu nennen. 

So geschieht es. Und Scar kommt nie darüber hinweg, dass Mufasa in seiner neuen Heimat von allen Tieren als rechtmäßiger König anerkannt wird und ihm Sarabi genommen hat...